Washington (epd). "Christianity Today", ein führendes evangelikales Magazin in den USA, hat sich in einem Online-Editorial für die Amtsenthebung von Präsident Donald Trump ausgesprochen. Trump habe gegen die US-Verfassung verstoßen und "zutiefst unmoralisch" gehandelt, schrieb Chefredakteur Mark Galli in dem am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichten Beitrag. Der Präsident habe seine politische Macht einsetzen wollen, um einen ausländischen Staatschef zu Ermittlungen gegen einen seiner Rivalen zu bewegen.
Der US-Präsident habe bei seiner Amtsführung "dem Gedanken der Moral" geschadet, erklärte Galli. Trumps Twitter-Nachrichten mit "Entstellungen, Lügen und Beleidigungen" zeigten ein "geradezu perfektes Beispiel" für einen Menschen, der moralisch verloren und verwirrt sei. Trump konterte am Freitag auf Twitter, "Christianity Today" sei eine weit links stehende Publikation. Kein US-Präsident habe mehr für Evangelikale getan als er, schrieb Trump.
Die Zeitschrift ist 1956 vom 2018 verstorbenen Baptistenprediger Billy Graham als Stimme des evangelikalen Christentums gegründet worden. Medienkommentare bezeichneten das Editorial als "überraschend". Laut "Washington Post" brach die Webseite von "Christianity Today" nach Erscheinen des Textes am Donnerstagabend (Ortszeit) für kurze Zeit zusammen.
Rückendeckung bekam Trump derweil vom Megakirchenpastor Jack Graham (nicht verwandt mit Billy Graham). Der Baptist schrieb am Donnerstag im Informationsdienst "Christian Post", bei Trumps Amtsführung könne man die "Hand Gottes" erkennen. Graham lobte Trumps Einsatz gegen Abtreibung und für Religionsfreiheit. Der republikanische Präsident habe die Wirtschaftslage verbessert und die Nation mit einer "starken Einwanderungspolitik" vor einem möglichen Terroranschlag geschützt.
Fernsehpredigerin Paula White erklärte auf Twitter, sie bete für "unseren Präsidenten", der von "bösen und dämonischen" Vorhaben bedroht sei. Gott möge Trump "mit Engeln umgeben". Weiße evangelikale Christen gelten für gewöhnlich als feste Verbündete von Donald Trump. Bei der Präsidentenwahl 2016 hatten laut Nachwahlbefragungen rund 80 Prozent von ihnen für Trump gestimmt.
Das US-Repräsentantenhaus hatte diese Woche gegen die Stimmen aller republikanischen Politiker für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gestimmt. Trump werden Machtmissbrauch und Behinderungen von Kongressermittlungen vorgeworfen. Konkret geht es um den Versuch des Präsidenten, die Regierung der Ukraine zu Ermittlungen gegen Trumps demokratischen Rivalen Joe Biden zu drängen.