Bielefeld (epd). In Bielefeld haben am Samstag nach Behördenangaben rund 15.000 Menschen gegen Rechtsextremismus demonstriert. Populisten wollten wieder Mauern bauen, "doch wir setzen nach der Erfahrung des Krieges auf Miteinander und Mitgefühl", sagte Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) bei einer der Kundgebungen des Bielefelder "Bündnisses gegen Rechts". Jeder Mensch verdiene Respekt und habe Würde. "Das ist unsere DNA und macht uns aus", betonte Clausen. Zudem bedankte er sich bei der Polizei für den Schutz der Demonstrationen. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit über 1.000 Beamten vor Ort.
Das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" hatte unter dem Motto "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" zu den Protesten gegen eine Kundgebung der Partei "Die Rechte" für die verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck aufgerufen. Dort zählte die Polizei den Angaben zufolge ungefähr 230 Teilnehmer.
Das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" ist ein Zusammenschluss von Gruppen aus Politik, Kirchen und Vereinen. So hatte sich auch der Fußballverein Arminia Bielefeld angeschlossen und erklärt, die Protestveranstaltungen seien eine "ausgezeichnete Gelegenheit", um die Werte des Vereins zu verteidigen. Die Proteste sahen Demonstrationszüge in der Bielefelder Innenstadt, eine Menschenkette sowie eine Mahnwache vor der Bielefelder Synagoge vor. Eine Gedenkveranstaltung sollte es zudem am Ort der ehemaligen Synagoge geben, die Nationalsozialisten bei den Novemberpogromen 1938 niederbrannten.
Der nordrhein-westfälische Landtagspräsident André Kuper unterstrich auf dem Bielefelder Jahnplatz die Bedeutung der Proteste. "Die große Mehrheit unserer Gesellschaft und die Mehrheit der Vertreter der Parteien und Verbände in unserem Land, und alle, die heute hier sind, wissen: Der 9. November ist der Tag der Wiedervereinigung und der Tag, an dem unser ganzes Land fassungslos und beschämt an die Verbrechen der Nazis erinnert", sagte er laut Redemanuskript. "Deshalb stehen wir heute an der Seite der jüdischen Bürgerinnen und Bürger - und nicht an der Seite derer, für die die nationalsozialistischen Verbrechen vielleicht ein 'Vogelschiss' sind oder die sie gleich komplett leugnen."
Die Demonstration der "Rechten" fand einen Tag nach dem 91. Geburtstag der mehrfach verurteilten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck statt. Sie sitzt wegen Volksverhetzung eine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld ab. Das Motto lautete "Mit 91 Jahren in den Knast! Freiheit für Ursula Haverbeck! Für echte Meinungsfreiheit".
Die Polizei in Bielefeld hatte zwar grundsätzlich eine Demonstration erlaubt, aber aufgrund des Gedenkens an die Novemberpogrome ursprünglich als Auflage gefordert, dass die Partei einen anderen Veranstaltungstag wählen solle. Das Verwaltungsgericht Minden hatte dagegen am 30. September in einem Eilverfahren die rechte Kundgebung für den 9. November erlaubt (AZ: 11 L 886/19).