Hannover (epd). Nach dem Synagogen-Anschlag in Halle mahnt der jüdische Verbandsvorsitzende Michael Fürst aus Niedersachsen zügige Konsequenzen in Politik, Justiz und Gesellschaft an. "Die Politiker dürfen sich jetzt nicht zurücklehnen", sagte Fürst am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nötig sei ein rasches Handeln gegen rechtsextremes Gedankengut. Der mutmaßliche Täter müsse schnell angeklagt werden. Das dürfe nicht monatelang dauern.
Im sachsen-anhaltischen Halle waren am Mittwoch nach Polizeiangaben in der Nähe einer Synagoge zwei Menschen erschossen worden. Am Nachmittag wurde ein Verdächtiger festgenommen. Ermittler gehen von einem antisemitischen Motiv und einem rechtsextremistischen Hintergrund aus. Der Angreifer hatte versucht, in die Synagoge einzudringen, in der sich am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur etwa 80 Personen befanden. Die Sicherheitsvorkehrungen hielten jedoch stand.
Fürst sagte, die jüdische Gemeinschaft sei sehr betroffen von den Ereignissen. "Das hat Dimensionen, die man kaum begreifen kann." Wenn es dem Angreifer gelungen wäre, die Tür aufzubrechen, hätte er bis zu 80 Menschen umbringen können. "Von diesen Dimensionen muss man in Zukunft ausgehen, so etwas kann wiederholt passieren", sagte der Verbandschef. "Das rechte Gedankengut wird immer deutlicher spürbar."
Das wirke sich auch auf die Stimmung in den jüdischen Gemeinden aus. "Wir werden vorsichtiger und misstrauischer sein", sagte Fürst. Mit der Polizei werde er über verstärkte Sicherheitsvorkehrungen reden: "Wir müssen unsere Gemeindeglieder schützen." Zwar liege aktuell keine konkrete Bedrohung vor. Die habe es in Halle aber auch nicht gegeben. In Niedersachsen leben etwa 8.000 jüdische Gemeindeglieder in 19 Gemeinden, die in zwei Verbänden organisiert sind. Sie verfügen über rund ein Dutzend Synagogen.
Der mutmaßliche Täter müsse hart bestraft werden, forderte Fürst. Die Justiz dürfe hier keine "große Milde" walten lassen. "Wir können rechte Straftäter nicht resozialisieren", betonte der Verbandsvorsitzende, der selbst Anwalt ist. "Dieses Gedankengut kriegen Sie nicht raus."