Berlin (epd). Der thüringische Innenminister Georg Maier (SPD) hat sich besorgt über die Entwicklung im rechtsextremistischen Milieu geäußert. "Gerade im ländlichen Raum treten Neonazis heute unverhohlen auf", sagte Maier der "Welt" (Freitag): "Da werden Immobilien gekauft, Liederabende und Basare veranstaltet." Diese Neonazis träten nicht mehr in Springerstiefeln und Bomberjacken auf. "Sie geben sich bieder. Doch es werden Strukturen aufgebaut, die in der letzten Konsequenz auch für terroristische Aktionen genutzt werden können."
Diese Gruppen verfügten auch über Geld, etwa aus Einnahmen von Nazi-Rock-Konzerten, aus dem Verkauf von NS-affiner Kleidung, Postern, und Aufklebern. "Wir erleben eine Kommerzialisierung der Nazi-Szene mit ausgereiften Vertriebsstrukturen. Das hat eine völlig neue Qualität.", warnte der Innenminister: "Diese Menschen sind gewaltbereit. Die Erlöse können auch in den Ankauf von Waffen fließen."
Die heutigen Neonazis verfolgten eine andere Strategie als die rechte Terrorgruppe NSU, die abgetaucht sei. "Das Stichwort lautet Entgrenzung, Einsickern in bürgerliche Milieus", sagte der SPD-Politiker: "Bei der vergangenen Kommunalwahl sind in einigen Orten rechtsextreme Bündnisse angetreten, freilich unter harmlosen Namen."
Maier sagte, er gehe von mindestens 250 gewaltbereiten Neonazis in Thüringen aus. Noch einmal so viele stünden "an der Schwelle zur Militanz". Und dann gebe noch mal etwa 400 Personen, die in rechtsextremen Parteien organisiert seien oder mit ihnen sympathisierten. Die Szene wachse überall in Mitteldeutschland. "Der Kampf um die Demokratie wird in der Provinz entschieden, nicht in Berlin", mahnte der Innenminister.
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