Lindau (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wirbt für die Einbindung von Religionsführern bei der Bewältigung von weltweiten Konflikten. "Religionen können als wirkmächtige und belastbare Förderer des Friedens einen unverzichtbaren und auch unersetzbaren Dienst an den Menschen leisten", sagte er bei der offiziellen Eröffnung der 10. Weltversammlung von "Religions for Peace" (Religionen für den Frieden) am Dienstag in Lindau. Doch Glaube und Religion könnten auch missbraucht werden: "Als Motivation für im Grunde außerreligiöse Intentionen und politische Ziele."
Steinmeier mahnte, allen, denen Religion und Glaube wichtig sind, dürfe es nicht gleichgültig sein, wenn Menschen immer wieder zum Ausdruck brächten, dass Religion geradezu ein friedensverhinderndes, ja kriegsförderndes Phänomen sei. Doch erlebe man an vielen Stellen der Welt, wie religiöse Gefühle und Überzeugungen in Gewalt gegen Andersgläubige oder sogenannte Ungläubige umschlagen - etwa in Myanmar, Nigeria, Mali, im Nahen Osten, Indonesien oder Pakistan. Religion könne sich, "gerade durch den Einfluss zynischer und gewissenloser Anführer, als furchtbare, als buchstäblich gnadenlose Macht erweisen".
"Religions for Peace" hingegen mache Ernst mit der Überzeugung, dass Religionen kein Anlass mehr sein dürften für Unfrieden und Krieg, sondern dass sie im Gegenteil Werkzeuge des Friedens sein könnten und müssten. Auch wenn es für jede Religion zunächst einmal eine Zumutung bedeute, "sich in eine Reihe mit anderen Religionen zu stellen - und anderen Religionen gleiche Bedeutung und gleichen Wert zuzusprechen". Denn jede Religion habe für sich den Anspruch, wahr zu sein. Aber dieser Wahrheitsanspruch könne und dürfe nur friedlich vertreten werden. Steinmeier betonte, die gemeinsame Botschaft von Lindau müsse sein: "Religion darf niemals Rechtfertigung von Hass und Gewalt sein. Kein Krieg darf geführt werden im Namen der Religion."
Fast tausend Religionsvertreter aus 100 Ländern beraten derzeit am Bodensee über Lösungen für aktuelle Konflikte. Auf der viertägigen Weltversammlung der größten interreligiösen Nichtregierungsorganisation haben sie die Möglichkeit, öffentlich oder in geschützten Räumen miteinander zu reden. Vertreter des Bündnisses waren unter anderem bei den Konflikten in Bosnien-Herzegowina und in Ruanda als Vermittler tätig.