Frankfurt a.M./Heidelberg (epd). Die Medizinpsychologin Beate Ditzen hat sich für eine Legalisierung von Leihmutterschaften in Deutschland ausgesprochen. "Der Medizintourismus für Leihmutterschaften ist Fakt und ich fände es positiv, wenn die Leihmutter und die auftraggebenden Eltern Teil desselben medizinischen Versorgungssystems wären", sagte die Direktorin am Institut für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Heidelberg dem Evangelischen Pressedienst (epd). So könnten mögliche langfristige Folgen für die Leihmutter, wie nachgeburtliche Depressionen und Psychosen, auch im Gesundheitssystem aufgefangen werden.
Ditzen forderte zudem Reformen und eine Präzisierung der gesetzlichen Regelungen bei der Kinderwunschbehandlung und der Reproduktionsmedizin. Ein Vorstoß der FDP-Rechtsexpertin Katrin Helling-Plahr, die auf Legalisierung von Leihmutterschaft gedrängt hatte, war zunächst auf politischen Widerstand bei Union und Grünen gestoßen.
Beim sogenannten "Reproduktiven Medizintourismus" beauftragt ein Paar mit Kinderwunsch eine Frau aus einem oft wirtschaftlich schlechter gestellten Land als Leihmutter. Diese ist mit dem Kind nicht genetisch verwandt und wird in der Regel durch künstliche Befruchtung schwanger. Die Frauen seien während der Schwangerschaft gut versorgt, da die auftraggebenden Eltern und auch die vermittelnden Institutionen ein großes Interesse daran hätten, dass die Schwangerschaft bestehen bleibe und gut verlaufe, sagte Ditzen. Doch nach der Geburt und der Übergabe des Kindes sei die Frau wieder auf sich allein gestellt und mögliche, durch die Geburt ausgelöste psychische Erkrankungen seien dann nicht mehr abgedeckt.
Die Psychologin kritisierte zudem, dass nach der jetzigen Rechtslage Eltern mit einem starken Kinderwunsch die Entscheidung, ein Kind mit einer Leihmutter auszutragen, komplett alleine überlassen werde, ohne rechtliche Regulierungen oder ausführliche verpflichtende Beratung. Durch ihre starke Motivation für ein Kind seien sie in ihrer Urteilsfähigkeit nicht neutral und könnten das auch gar nicht sein. Ditzen: "Ich finde das heikel." Das gesundheitliche Risiko für die Leihmutter könne von den Eltern nicht eingeschätzt werden. Deshalb sollten sie in dieser Entscheidungssituation nicht alleine gelassen werden. "Da müsste es ein juristisches Regelwerk geben, dass die Möglichkeiten klar darlegt," betonte die Wissenschaftlerin.
Die Illegalität der Leihmutterschaft in Deutschland könne zudem dazu führen, dass viele auf diese Weise geborene Kinder nichts von ihrer Herkunft erfahren. Das halte sie für problematisch, sagte Ditzen. "Wir konstruieren unsere Identität unter anderem mit Bildern und Geschichten, wie wir entstanden sind. Wenn das fehlt, kann das bedeutende psychische Probleme zur Folge haben," fügte die Wissenschaftlerin hinzu.
Bei der sogenannten "altruistischen" Form der Leihmutterschaft sei das Problem weniger gegeben, da die Kinder oft noch Kontakt zu ihrer Leihmutter hätten, wenn diese aus dem Familien- oder Freundeskreis stammt. "Das Kind ist ja ein absolutes Wunschkind und mehrere Personen haben zusammen gearbeitet und mitgeholfen, dass es auf die Welt kommt. Das ist eigentlich als Entstehungskonzept sehr positiv," sagte Ditzen.