Hamburg (epd). Der evangelische Migrationsexperte Manfred Rekowski hat an die staatlichen Behörden appelliert, mehr Verständnis für das Kirchenasyl zu zeigen. Es gehe dabei unter anderem um schwer traumatisierte Menschen, sagte Rekowski der Wochenzeitung "Die Zeit". "Gern räume ich ein, dass die Maßstäbe kaum rechtlich fassbar sind", sagte der rheinische Präses. Er nehme aber für die Kirche in Anspruch, dass Gemeinden mit solchen Einschätzungen verantwortlich umgehen. Ihn befremde, "in welchen Wellen das Thema politisch dramatisiert wird", sagte Rekowski.
Mit dem Anstieg der Fälle von Kirchenasyl analog zu den Flüchtlingszahlen in Deutschland gibt es immer wieder Streit zwischen Kirchen und Staat. Gemeinden gewähren Menschen, die in ihren Augen besonderen Härten ausgesetzt sind, Schutz vor einer drohenden Abschiebung. Seit 2015 gilt eine Vereinbarung zwischen Staat und Kirche. Sie verpflichtet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Fälle nochmals zu prüfen. Die Gemeinden wiederum verpflichten sich, Dossiers über die Fälle zu erstellen und Ansprechpartner für die Behörden zu benennen.
Rekowski räumte Mängel bei der Umsetzung dieser Vereinbarung ein. Sie sei nicht so flächendeckend gelungen, "wie wir selbst uns das gewünscht hätten", sagte er. Die Vereinbarung sei zwischen Kirchenleitungen und Regierung geschlossen worden, das Kirchenasyl sei aber eine Basisbewegung. "Kirchenleitungen müssen ihre Gemeinden gewinnen, sie können nichts durchstellen. Das weiß die Politik", sagte Rekowski, der Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Die Kirchen bemühten sich aber, verlässliche Partner zu sein.
Die Innenminister hatten im Sommer 2018 die Regeln fürs Kirchenasyl verschärft, weil sie der Auffassung waren, dass sich viele Gemeinden nicht an die Vereinbarung halten. Seitdem werden kaum noch Fälle nach einer erneuten Prüfung vom Bundesamt zugunsten der Betroffenen entschieden. Aufseiten der Kirchen führt das zu Unmut.