Nürnberg (epd). 13 purpurfarbene Stoffsäckchen mit den Gebeinen des Nürnberger Stadtpatrons Sebaldus sollen an diesem Samstag aus dem Schrein in der Sebalduskirche geholt werden. Die mehr als 500 Jahre alte Tradition der Visitation werde erstmals öffentlich sein, sagte Gemeindepfarrer Martin Brons am Montag bei der Vorstellung des Festprogramms. Das Ritual stammt aus einer Zeit, als es das Grabmal für den Heiligen aus dem 8. Jahrhundert noch nicht gab.
Ein Einbruch in die Sebalduskirche im Jahr 1461 sei wohl der Grund für die Einführung der Visitationen gewesen, bei denen überprüft werden sollte, ob die Reliquien des Heiligen noch vorhanden waren, erklärte Pfarrer Brons. Das Ritual sei auch nach der Einführung der Reformation in Nürnberg beibehalten worden. "Es geht aber nicht ums Knochen zählen", sagte der Pfarrer. Nur falls die Säckchen, die in zwei versiegelten Laden im silberbeschlagenen Schrein des Künstlers Peter Vischer dem Älteren (1455-1529) und seiner Söhne liegen, stark beschädigt sein sollten, müsste man sie eventuell öffnen, erklärt Alexandra Frisch, Leiterin der Bauhütte von St. Sebald.
Sie wird bei der Öffnung des Schreins als Visitatorin dabei sein, außerdem ein Vertreter des Germanischen Nationalmuseums, die Vertrauensfrau des Kirchenvorstands St. Sebald, der katholische Stadtdekan, der Sebaldus-Pfarrer, der die Schlüssel zum Schrein verwahrt, und Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD). Zuletzt fand eine solche Zeremonie 1993 unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Visitation im Jahr 2019 ist die 19., seitdem die Gebeine des Stadtheiligen in dem Schrein liegen.
Den Inhalt der Laden werden Mitarbeiterinnen der Denkmalpflege auf Tischen verteilen, so dass die Kirchenbesucher bei den wissenschaftlichen Untersuchungen aus einer gewissen Entfernung zusehen können. Die Öffnung des Schreins werde auf Großleinwand ins Kirchenschiff übertragen, sagte Brons. Anlass der Visitation ist das 500-jährige Bestehen des Grabmals.
Vor der feierlichen Visitation haben bereits vor einigen Wochen Wissenschaftlerinnen den Schrein geöffnet, um sich vom Zustand der Behältnisse ein Bild zu machen. Der Schreck sei zunächst groß gewesen, als man auf einer der beiden Laden Schimmel entdeckte, berichtete Fritsch. Der habe sich aber als nicht toxisch herausgestellt und sei entfernt worden. Eine endoskopische Untersuchung habe dann gezeigt, dass man am kommenden Wochenende "vermutlich keine Überraschungen erleben wird".