Berlin (epd). Die überwiegende Mehrheit der Bundesländer will keine Abschiebehäftlinge in normalen Haftanstalten unterbringen. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienst (epd) ergab, signalisieren nur Sachsen-Anhalt und Bremen konkretes Interesse, die kürzliche Aufhebung des Trennungsgebots zu nutzen. Zehn Bundesländer geben an, dass sie Abschiebehäftlinge nicht in regulären Justizvollzugsanstalten unterbringen wollen. Andere Landesregierungen verweisen darauf, dass es zumindest keine konkreten Pläne dafür gibt.
Das Trennungsgebot schreibt vor, dass Abschiebehäftlinge nicht mit normalen Strafgefangenen untergebracht werden dürfen. Im kürzlich auf Betreiben von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verabschiedeten "Geordnete-Rückkehr-Gesetz", das für ein konsequenteres Durchgreifen bei Abschiebungen sorgen soll, wird dieses Gebot für drei Jahre aufgehoben. Begründet wird das damit, dass derzeit bundesweit vorhandenen rund 500 Abschiebehaftplätze nicht ausreichen. Auf maximal 1.000 soll die Zahl der Plätze durch das Gesetz verdoppelt werden.
Aus dem Bremer Innenressort hieß es, man halte es in begründeten Einzelfällen für richtig, wenn die Sicherheitsbehörden auf die zeitweise Unterbringung in Haftanstalten zurückgreifen können. Das Innenministerium in Sachsen-Anhalt teilte mit, die Möglichkeit solle genutzt werden. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hatte sich in der Vergangenheit für die Möglichkeit ausgesprochen. Auf Anfrage heißt es aktuell, dass noch zu prüfen ist, inwieweit die Möglichkeiten des Gesetzes künftig genutzt werden.
Die meisten Länder lehnen die gemeinsame Unterbringung von Abschiebe- und normalen Häftlingen ab, mehrheitlich mit Verweis auf die Rechtslage. Man habe dem Bundesinnenministerium deutlich gemacht, "dass eine Unterbringung von Abschiebehäftlingen in Justizvollzugsanstalten europarechtswidrig ist", betonte etwa die Hamburger Innenbehörde. Auch aus dem Thüringer Justizministerium wurden "verfassungs- und europarechtliche Bedenken" angemeldet. Die meisten Bundesländer hatten schon vor der Verabschiedung des Gesetzes durch Bundestag und Bundesrat Skepsis gegenüber der Aufhebung des Trennungsgebots verlauten lassen.
Andere Bundesländer verweisen auch darauf, dass die Plätze für Abschiebehaft ausreichen oder in normalen Justizvollzugsanstalten gar keine Kapazitäten vorhanden sind, um dort Abschiebehäftlinge unterzubringen. Im Justizvollzug gebe es ohnehin eine Überbelegung, hieß es etwa aus dem Innenministerium in Baden-Württemberg.
Die epd-Umfrage ergab, dass die Länder gemeinsam derzeit rund 550 Abschiebehaftplätze zur Verfügung haben. Viele haben eigene Einrichtungen, einige nutzen die eines Nachbarlandes mit. Fast alle Länder wollen ihre Kapazitäten der Umfrage zufolge auch erhöhen - um mehr als 500 Plätze bundesweit, davon allein 350 in Verantwortung des Freistaats Bayern. Die meisten Plätze sollen demnach relativ kurzfristig geschaffen werden. Sachsen-Anhalt geht davon aus, dass es länger dauert. Eine Abschiebehaft mit 30 Plätzen soll dort bis 2022 entstehen. Das Land hat bislang gar keine eigene Einrichtung und nutzt die Kapazitäten anderer Bundesländer.
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