Frankfurt a.M./Berlin (epd). Europäische Politiker dringen auf eine rasche Lösung der Flüchtlingskrise im Mittelmeer: Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn forderte eine neue EU-Seerettungsmission. "Es ist in der derzeitigen Kriegslage in Libyen unausweichlich, dass Menschen versuchen, über das Mittelmeer aus dem Land zu fliehen", sagte er der Tageszeitung "Die Welt" (Sonntag/Online). Die Europäische Union solle daher schnell mit Schiffen der Mitgliedstaaten eine neue Seerettungsmission im Mittelmeer starten, um Flüchtlinge und Migranten vor dem Ertrinken zu retten.
Damit könnte die EU die Arbeit der privaten Hilfsorganisationen (NGO) auf dem Mittelmeer unterstützen, erklärte der Migrations-Experte. Laut Asselborn sollten die so geretteten Menschen anschließend in Häfen am Mittelmeer gebracht werden, die zuvor als Aufnahmeplätze festgelegt worden sind. "Diese Häfen sollten nicht nur in Italien liegen." In diesen Häfen sollten geschlossene Aufnahmestrukturen (Hot Spots) eingerichtet werden. Dort müsse dann darüber entschieden werden, ob die Geretteten Anspruch auf Asyl nach der Genfer Konvention haben.
Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), kritisierte die Flüchtlingspolitik des italienischen Innenministers Matteo Salvini als "unmenschlich, unverantwortlich und beschämend". Der rechtspopulistische Politiker sabotiere willentlich die Rettung aus Seenot und nehme damit den Tod Hunderter Menschen in Kauf, die verzweifelt nach Sicherheit suchten, sagte Barley den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). "Seenotrettung ist eine humanitäre Verpflichtung und nichts Kriminelles, das muss völlig klar sein."
Reformen des europäischen Asylrechts dürften nicht weiter blockiert werden, sagte Barley. Zudem müsse Europa dringend legale Wege zur Einwanderung und Arbeitsmigration schaffen. "Anders wird sich die Lage im Mittelmeer nicht unter Kontrolle bringen lassen, solange die Lage in den Herkunftsregionen katastrophal ist", warnte die SPD-Politikerin. Sie schlug vor, Kommunen, die Flüchtlinge aufnehmen wollen, über einen europäischen Flüchtlingsfonds zu unterstützen.
Unterdessen wurde dem Rettungsschiff "Alan Kurdi" des Regensburger Vereins Sea-Eye mit 65 geretteten Bootsflüchtlingen untersagt, im Hafen von Malta anzulegen. Die "Alan Kurdi" hatte den Inselstaat zuvor um einen sicheren Hafen gebeten, wie Sea-Eye-Sprecher Gorden Isler am Sonntag mitteilte. "Während die 'Alan Kurdi' vor dem geschlossenen Hafen von Malta warten muss, befinden sich drei Personen in akuter medizinischer Behandlung", teilte die Crew am Sonntagmittag auf Twitter mit. Man benötige dringend medizinische Unterstützung "und einen sicheren Hafen, um schlimmeres zu verhindern".
In den Tagen zuvor hatte zuerst die "Sea-Watch 3" und die "Alex" Lampedusa als Nothafen angesteuert. Die von dem Rettungsschiff "Alex" geretteten Flüchtlinge sind in der Nacht auf Sonntag in Lampedusa an Land gegangen, nachdem das Schiff trotz Verbots unter Erklärung des "Nothafenrechts" am Nachmittag in den Hafen eingelaufen war. Das Segelschiff der italienischen Hilfsorganisation "Mediterranea" wurde nach Angaben des italienischen Rundfunks beschlagnahmt.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte die Aufnahme aller 65 Flüchtlinge auf dem Sea-Eye-Rettungsschiff "Alan Kurdi" in Deutschland. Im Interview mit der "Passauer Neuen Presse" (Montag) sagte er, Deutschland sollte sich dazu bereiterklären, "bevor es erneut ein solches Drama wie bei der 'Seawatch3' gibt". Hofreiter erklärte, es lägen zahlreiche Angebote verschiedener Städte vor, den Menschen zu helfen und sie aufzunehmen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte zuvor bei der EU-Kommission angeboten, einen Teil der Flüchtlinge an Bord aufzunehmen.
Trotz der Festnahme und laufenden Ermittlungen gegen die Kapitänin Carola Rackete wollen die Sea-Watch-Seenotretter ihre Arbeit fortsetzen. Sollte die italienische Polizei die beschlagnahmte "Sea-Watch 3" nicht mehr freigeben, müsse zwar ein neues Rettungsschiff her, sagte der Chefmaschinist des Schiffes, Sören Moje, am Samstag in Oldenburg im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Aber solange es noch Tote im Mittelmeer geben wird, machen wir ganz sicher weiter."
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