Berlin (epd). Die Seenotrettung im Mittelmeer trifft in der deutschen Bevölkerung auf breite Zustimmung. Rund drei Viertel (72 Prozent) der Bundesbürger finden es gut, dass dort private Initiativen Flüchtlinge retten, wie eine am Donnerstagabend in Köln veröffentlichte ARD-Umfrage ergab. Für Samstag hat die Organisation Seebrücke zu einem bundesweiten Aktionstag aufgerufen. An mehr als 70 Orten wollen Menschen ihre Solidarität mit den Seenotrettern zeigen und dafür auf die Straße gehen.
72 Prozent der im Auftrag der ARD Befragten meinen, die Rettung von Flüchtlingen aus Seenot sollte grundsätzlich nicht juristisch verfolgt werden. Knapp zwei Drittel (64 Prozent) halten es für falsch, dass die EU die Seenotrettung ausgesetzt hat.
Dass Italien Rettungsschiffen mit Flüchtlingen an Bord den Zugang zu seinen Häfen verweigert, findet nur ungefähr jeder vierte Deutsche (27 Prozent) gut. Zugleich wird aber mehr Solidarität mit den Mittelmeer-Anrainern gefordert: Neun von zehn Befragten (88 Prozent) wollen das europäische Asylrecht so geändert sehen, dass die EU-Staaten an den Außengrenzen entlastet und die Flüchtlinge möglichst gleichmäßig auf alle Mitgliedsländer verteilt werden. Das Institut Infratest dimap befragte für den ARD-Deutschlandtrend im Auftrag der ARD-"Tagesthemen" am Montag und Dienstag 1.006 Wahlberechtigte.
Die Organisation Seebrücke rechnet mit einer großen Beteiligung an dem Aktionstag gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung. "Viele Leute schreiben uns an, weil sie selbst etwas organisieren wollen", sagte Sprecherin Liza Pflaum dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Manche melden zum ersten Mal eine Kundgebung an und oft auch in Orten, in denen es noch nie einen Seebrücke-Protest gab." Für Samstag seien inzwischen in mehr als 70 Städten Demonstrationen und Aktionen geplant, die Zahl steige weiter.
Pflaum erklärt das starke Interesse an dem Aktionstag auch damit, dass die Seenotretterin und Kapitänin Carola Rackete gezeigt habe, "dass eine einzelne Person etwas bewegen kann". Da die Staaten versagten, müsse eben die Zivilgesellschaft aktiv werden. "Menschenrechte müssen für alle Menschen gelten und ein Boot mit Flüchtenden in Not muss genauso behandelt werden wie ein Kreuzfahrtschiff in Not", sagte die Seebrücke-Sprecherin.
Rackete war am Wochenende mit 40 Flüchtlingen an Bord und nach zwei Wochen vergeblichen Bittens ohne Erlaubnis der italienischen Behörden mit der "Sea-Watch 3" in den Hafen von Lampedusa eingelaufen und daraufhin festgesetzt worden. Die Migranten durften an Land. Die 31-jährige Kapitänin muss sich vor Gericht verantworten.
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