Leipzig (epd). Auch Turban-tragende Angehörige der Religionsgemeinschaft der Sikh müssen beim Motorradfahren einen Helm aufsetzen. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag in Leipzig. Zwar könne die Helmpflicht Sikhs mittelbar in der freien Ausübung ihrer Religion beeinträchtigen. Empfänden sie jedoch die Pflicht zum Tragen eines Turbans, müssten sie auf das Motorradfahren verzichten, begründeten die Richter. (AZ: BverwG 3 C 24.17)
Eine durch die Helmpflicht ausgelöste Einschränkung der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit sei hinzunehmen, erklärten die Richter weiter. Die Helmpflicht schütze nicht nur den Träger des Helms, sondern im Falle eines Unfalls "auch die körperliche und psychische Unversehrtheit anderer Unfallbeteiligter und der Rettungskräfte". Ausnahmen seien möglich, wenn Sikhs auf das Motorrad angewiesen seien, hieß es weiter. Dies traf im konkreten Fall jedoch nicht zu, da der Kläger auch einen Autoführerschein besitzt.
Die Sikhs sind eine vorwiegend in Indien verbreitete Religionsgemeinschaft, die sich im 15. Jahrhundert vom Hinduismus abspaltete. Die Männer tragen oft einen Turban und dürfen sich zeitlebens ihre Haare nicht schneiden. In Indien leben etwa 21 Millionen Sikhs. In Deutschland waren es laut Zensus 2011 zwischen 10.000 und 20.000.
Der Kläger gehört der Religionsgemeinschaft nach eigenen Angaben seit 2005 an. Aufgrund entsprechender Glaubenssätze fühlt er sich verpflichtet, in der Öffentlichkeit einen Turban zu tragen. Dieser werde allenfalls zum Schlafen abgenommen, dann bedecke ersatzweise ein Tuch das Haar.
2013 beantragte der Kläger bei der Stadt Konstanz eine Ausnahmegenehmigung von der Pflicht zum Tragen eines Motorradhelms, da diese seine Religionsfreiheit einschränke. Die Stadt wies dies zurück mit der Begründung, derlei Ausnahmen seien nur aus gesundheitlichen Gründen möglich.
Auch das Verwaltungsgericht Freiburg wies eine entsprechende Klage des Mannes ab. Der hiergegen gerichteten Berufung gab der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Ende August 2017 teilweise statt. Zwar habe der Kläger keinen zwingenden Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung. Jedoch müssten die Behörden unter Berücksichtigung des Urteils neu über den Fall entscheiden. Hierzu kam es nicht, da der Kläger die Revision beim Bundesverwaltungsgericht beantragte. Diese wurde nun abgewiesen.