Hamburg (epd). Der Klang der Orgel und ihre 2000-jährige Geschichte stehen im Mittelpunkt der neuen Ausstellung "Manufaktur des Klangs" im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. Rund 30 historische Orgeln, Rekonstruktionen, Spieltische und Modelle geben Einblick in die Mechanik und Wirkungsweise des Instruments. Die Ausstellung wolle vermitteln, wie die Orgel funktioniert, sagte Museumsdirektorin Tulga Beyerle am Donnerstag bei der Vorstellung. Die Schau ist bis zum 3. November zu sehen. Anlass ist das "Hamburger Orgeljahr" zum 300. Todestag des Orgelbaumeisters Arp Schnitger (1648-1719).
An einem eigens für die Ausstellung gebauten Modell können die Besucher das Zusammenspiel von Balg, Windlade und Pfeife selbst ausprobieren. Zuerst muss ein Balg per Fuß aufgepumpt werden, der dann einzelne Pfeifen mit unterschiedlichen Klangfarben ertönen lässt. Fünf Pfeifen unterschiedlicher Größe machen den Tonumfang von vier Oktaven hörbar. Die große 32-Fuß-Pfeife mit knapp zehn Meter Länge kann man kaum hören, aber dafür erspüren.
Ein Orgelmodell aus der Elbphilharmonie erläutert die unterschiedlichen Klangfarben der drei Register Trompete, Prinzipal und Flöte. An einer digitalen Orgel können auch Besucher ohne Orgelkenntnisse verschiedene Register ausprobieren. Zuvor müssen sie allerdings lernen, wie man sich auf eine Orgelbank setzt, ohne mit den Füßen auf die Pedale zu treten. Schließlich ist die Orgel das einzige Musikinstrument, bei der ein Spieler keinen Bodenkontakt hat.
Die Anfänge der Orgel reichen bis in die Antike zurück. Vor über 2000 Jahren, so Kurator Olaf Kirsch, habe der Grieche Ktesibios in Alexandria für den Friseursalon seines Vaters eine Druckpumpe für einen fahrbaren Spiegel erfunden. Wie diese Druckpumpe auch Töne hervorbringen kann, zeigt der Nachbau einer antiken Wasserorgel im Museum. Kaiser Nero persönlich soll an einer Orgel zu den Gladiatorenkämpfen gespielt haben. Ausgestellt sind einige zentimetergroße Metallstücke aus dem Saalburg-Museum (Bad Homburg), die einst Teile einer antiken Orgel waren.
Im zweiten Teil der Ausstellung werden Orgeln ausgestellt, die nicht berührt werden dürfen. Empfangen werden die Besucher von einem prächtigen, vergoldeten Orgelprospekt aus Schirigswalde (bei Bautzen). Spielbar ist eine italienische Prozessionsorgel von 1755. Die benachbarte Jacobikirche hat ihren ausrangierten Spieltisch zur Verfügung gestellt, dessen Registerzüge mit geschnitzten Holzköpfen versehen sind.
Die Ausstellung möchte den Spaß an der Orgelmusik vermitteln, so Direktorin Beyerle. Damit werde eine Verbindung geschaffen zu den zahlreichen Orgelkonzerten, die im laufenden Orgeljahr in Hamburg angeboten werden.
Mit über 300 Orgeln besitzt die Hansestadt eine einzigartige Orgellandschaft. Außer in den Kirchen befinden sich Instrumente in Schulen, in der Elbphilharmonie, im NDR-Sendesaal, in der Universität und sogar in den Justizvollzugsanstalten. Orgelbau und Orgelmusik wurde 2017 von der Unesco in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.