Hannover (epd). Die Vorsitzende des Europäischen Ethikrates, die Kölner Medizin-Ethikerin Christiane Woopen, hat das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofes zur Sterbehilfe gelobt. "Ich halte das für ein sehr wichtiges Urteil, weil es Patienten und Ärzte stärkt", sagte sie dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Donnerstag): "Es macht deutlich, dass Ärzte ihre Patienten bei einer selbstbestimmten Selbsttötung nicht alleine lassen müssen, sondern sie begleiten dürfen."
Der Bundesgerichtshof hatte am Mittwoch zwei Ärzte freigesprochen, die kranken Menschen beim Sterben zur Seite gestanden hatten. Die Verstorbenen hatten die tödliche Medikamentendosis selbst eingenommen. Weil die Ärzte nicht versuchten, sie zu retten, standen sie wegen Unterstützung der Selbsttötung vor Gericht.
Woopen betonte, eine Selbsttötung solle niemals eine gleichsam normale Option sein. Es gehe immer um individuelle, existenzielle Ausnahmesituationen. Die Gesellschaft solle alles dafür tun, um Menschen, die über einen Suizid nachdenken, Perspektiven für das Weiterleben zu eröffnen. "Wenn aber ein Mensch nach Beratungen und gründlichem Überlegen sowie nach längerer Bedenkzeit in Ausübung seiner Selbstbestimmung sich selbst töten möchte, um schweres Leiden zu beenden, das anders nicht beendet werden kann, dann sollte er dies unter würdigen Umständen und in Begleitung tun können", sagte sie.
Dem Urteil des Bundesgerichtshofs zufolge machen sich Ärzte, die Selbsttötungen begleiten, nur dann strafbar, wenn ihre Patienten nicht in der Lage sind, sich einen "freiverantwortlichen Selbsttötungswillen" zu bilden. Zudem müssten Ärzte keine Rettungsmaßnahmen ergreifen, wenn sie damit gegen das Selbstbestimmungsrecht der Sterbewilligen verstießen, urteilte der fünfte Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Leipzig. (AZ: 5 StR 132/18 und 5 StR 393/18)