Genf, Tripolis (epd). Ein Luftangriff auf ein Internierungslager für Flüchtlinge und Migranten in Libyen hat international Bestürzung ausgelöst. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, erklärte am Mittwoch via Twitter, Zivilisten dürften niemals ein Angriffsziel sein. Libyen sei kein sicheres Land, in das Flüchtlinge zurückgeschickt werden dürften. Die willkürlichen Inhaftierungen müssten enden. Bei dem Angriff auf das Lager Tadschura in der Hauptstadt Tripolis am Dienstagabend wurden mindestens 40 Menschen getötet und mehr als 80 verletzt.
"Ärzte ohne Grenzen" sprach von einer schrecklichen Tragödie, die leicht hätte vermieden werden können, und forderte die sofortige Evakuierung aller inhaftierten Migranten und Flüchtlinge aus Libyen. Zum Zeitpunkt des Angriffs seien in Tadschura mehr als 600 Männer, Frauen und Kinder gefangen gewesen, sagte der medizinische Leiter von "Ärzte ohne Grenzen" in Libyen, Prince Alfani: "Unsere Teams haben das Zentrum gerade gestern besucht und 126 Menschen in der Zelle gesehen, die getroffen wurde."
Die Überlebenden in Tadschura stünden Todesängste aus, sagte Alfani. Es sei nicht das erste Mal, dass Migranten und Flüchtlinge in Libyen ins Kreuzfeuer gerieten. Seit Beginn des Konflikts zwischen der international anerkannten Regierung und den Milizen des abtrünnigen Generals Chalifa Haftar Anfang April habe es mehrfach Angriffe auf Lager oder in deren Nähe gegeben. Die Verhältnisse in den Lagern werden als unmenschlich kritisiert.
Auch die Internationale Organisation für Migration (IOM) forderte ein Ende der willkürlichen Inhaftierungen in Libyen. Seit Jahresanfang hätten mit Hilfe der IOM mehr als 5.000 Migranten aus dem arabischen Land in 30 Heimatländer in Afrika und Asien zurückkehren können, erklärte die UN-Organisation.