Düsseldorf (epd). Am Konflikt um das Seenotrettungsschiff "Sea-Watch 3" zeigt sich nach Einschätzung des evangelischen Migrationsexperten Manfred Rekowski das Scheitern der europäischen Flüchtlingspolitik. Die Mittelmeer-Anrainer würden mit der Aufnahme von Geflüchteten weitgehend allein gelassen, sagte der Vorsitzende der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Mittwoch in Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach wie vor fehle ein funktionierender Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge in Europa. "Hier ist Europa gefordert - und nicht bei der Behinderung oder gar Bekämpfung von ziviler Seenotrettung", betonte der Theologe.
Zwar sei eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU zurzeit nicht absehbar, räumte Rekowski ein. "Ich hoffe allerdings nach wie vor, dass sich endlich wenigstens eine Koalition der Willigen in Europa bildet, die Italien und andere Mittelmeer-Anrainerstaaten bei der Aufnahme Geflüchteter entlastet." Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland plädierte auch für humanitäre Korridore, "die insbesondere sehr gefährdeten und verletzlichen asylberechtigten Personen den Zugang nach Europa gefahrlos ermöglichen könnten".
Insgesamt konstatiert Rekowski im Umgang mit dem "Weltproblem Flucht" einen absoluten Stillstand. "Bedauerlicherweise ist auch nicht erkennbar, für welche Werte Europa tatsächlich gemeinsam einsteht", kritisierte der 61-jährige Theologe. "Christenmenschen achten das Leben eines jeden Menschen und tun, was irgend möglich ist. Das gehört nach meinem Verständnis auch zu den europäischen Wurzeln."
Positiv äußerte sich Rekowski zum Appell des evangelischen Kirchentages, die EKD solle ein eigenes Rettungsschiff ins Mittelmeer schicken. "Natürlich ist die EKD keine Reederei", sagte der rheinische Präses. Ein Rettungsschiff wäre aber in diesen Tagen "ein notwendiges Werk rettender Liebe". Christen müssten das tun, "was um der Menschen willen nötig ist". Zivile Seenotrettung sei "kein Verbrechen, sondern die Reaktion auf ein politisches Versagen im Blick auf den Umgang mit Flüchtlingen an den europäischen Außengrenzen".
Die Kirchentags-Resolution für ein neues Rettungsschiff wurde von der EKD bereits konstruktiv aufgenommen. Dem Rat der EKD solle in der kommenden Sitzung im September ein Konzept vorgelegt werden, in welcher Weise sich die EKD daran "in einem von einem breiten Bündnis getragenen Verein" beteiligen könne, sagte Sprecher Carsten Splitt dem epd. Dem Bündnis sollten sich Kirchen, Organisationen, Kommunen und Einzelpersonen anschließen können. "Die EKD legt größten Wert auf eine breite zivilgesellschaftliche Verankerung des Vereins, namentlich die Einbindung der in der Tradition 'christlicher Seefahrt' stehenden deutschen Reeder", sagte Splitt.