Genf/Aachen (epd). Im UN-Menschenrechtsrat hat die Sonderberichterstatterin Daniela Kravetz der Regierung Eritreas eine anhaltende Unterdrückungspolitik gegen große Teile der Bevölkerung vorgeworfen. Jede Woche flüchteten Hunderte Menschen aus dem autoritär regierten Land im Nordosten Afrikas, sagte Kravetz am Dienstag in Genf.
Die Menschenrechtslage in Eritrea sei trotz des jüngst geschlossenen Friedensvertrags mit Äthiopien unverändert schlecht. Die Menschen hätten keinen Nutzen aus der Entspannung in der Region ziehen können und das sei auch für die Zukunft nicht zu erwarten, hielt Kravetz bei der Präsentation ihres Berichts über die Menschenrechtslage in Eritrea fest.
Die Sonderberichterstatterin für Eritrea prangerte das Vorgehen der Regierung gegen die Kirchen an, so seien jüngst orthodoxe Priester festgenommen worden und katholische Krankenhäuser enteignet worden. Weiter kritisierte sie die willkürliche Festnahme von Oppositionellen oder vermeintlichen Oppositionellen. Viele würden jahrelang ohne ordentliche Justizverfahren eingesperrt.
Nach Einschätzung des katholischen Hilfswerks Misereor herrscht in Eritrea weiter ein Klima der Angst. "Das Regime scheint hochgradig verunsichert wegen der politischen Öffnung in Äthiopien und des wachsenden Erwartungsdrucks in der eigenen Bevölkerung", sagte Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er beklagte einen politischen Stillstand in Eritrea. Der 62-Jährige hatte das ostafrikanische Land zu Jahresbeginn besucht.
In Eritrea sind unter Präsident Isayas Afewerki nur vier Religionsgemeinschaften zugelassen, die streng überwacht werden. "Die Christen stehen wie die Muslime unter Beobachtung", sagte Bröckelmann-Simon. Die Beschlagnahme katholischer Hospitäler, Polikliniken und Gesundheitsstationen im Juni sei unerwartet gekommen. Noch sei der Status der 40 Einrichtungen nicht endgültig geklärt. "Die Beschlagnahme der katholischen Kliniken ist höchstwahrscheinlich eine verzögerte Reaktion auf den Hirtenbrief der Bischöfe, die an Ostern eine Wahrheits- und Versöhnungskommission forderten, glaubt Bröckelmann-Simon. Das Regime verfolge gegenüber der katholischen Kirche seit langem eine Politik der Nadelstiche.
Die UN-Sonderberichterstatterin forderte, dass Eritrea den berüchtigten Militärdienst reformiere, in dem junge Rekruten zeitlich unbegrenzt eingesetzt würden. Ein eritreischer Regierungsvertreter wies während der Debatte im UN-Menschenrechtsrat die Vorwürfe der Sonderberichterstatterin zurück. Die Regierung verweigert der UN-Beauftragten die Einreise. Die chilenische Juristin Kravetz arbeitet im Auftrag des Menschenrechtsrates, der 47 Mitglieder umfasst. Eritrea gehört dem Rat turnusmäßig an.
Laut dem Misereor-Geschäftsführer weckte der Friedensschluss mit Äthiopien hohe Erwartungen in Eritrea. "Der Kriegszustand mit Äthiopien ist weggefallen, also auch der Grund, den gesamten Alltag zu militarisieren und den Nationaldienst für viele Menschen endlos auszudehnen", sagte er. "Die Mauer um Eritrea ist offen geworden, und die Frustration wächst, das kann auch in Gewalt enden. Das ist die große Sorge der katholischen Bischöfe Eritreas."
In Eritrea sind 49 Prozent der fünf Millionen Einwohner Christen, vor allem eritreisch-orthodoxer Konfession. Katholiken machen vier Prozent der Bevölkerung aus. Etwa 50 Prozent der Menschen bekennen sich zum Islam.
epd her/et rks