Zentralrat der Muslime vergibt erstmals Zivilcourage-Preis

Zentralrat der Muslime vergibt erstmals Zivilcourage-Preis
Zentralratschef Mazyek fordert mehr Engagement gegen Rassismus

Dresden/Köln (epd). Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, fordert vor dem Hintergrund von Islamfeindlichkeit und einer zunehmenden Radikalisierung der Gesellschaft mehr Zivilcourage. "Jeder Angriff auf welche Religion auch immer ist ein Angriff auf unsere offene Gesellschaft", sagte Mazyek am Montag in Dresden zum zehnten Todestag des Rassismusopfers Marwa El-Sherbini.

Die 31-jährige Ägypterin war am 1. Juli 2009 im Dresdner Landgericht niedergestochen worden. Die Tat hatte einen rassistischen und islamfeindlichen Hintergrund, wie später der Prozess vor dem Landgericht ergab. Der Täter wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

"Wir sind in den vergangenen zehn Jahren nicht so entscheidend weitergekommen", sagte Mazyek mit Blick auf wachsenden Rechtsextremismus. Rassismus sei über Jahre unterschätzt worden. Es sei zu sehr weggesehen worden. "Wir fordern vom Rechtsstaat, unserer weltoffenen Gesellschaft Schutz zu gewähren und sich stärker mit Rechtsradikalismus auseinanderzusetzen", betonte er.

Marwa El-Sherbini sei eine "Heldin für Zivilcourage", sagte Mazyek. Um sie zu ehren, vergebe der Zentralrat der Muslime nun erstmals den "International Marwa El-Sherbini-Preis für Zivilcourage". Die undotierte Auszeichnung gehe an Mevlüde Genc aus Deutschland und Farid Ahmad aus Neuseeland. Beide Preisträger hätten durch antimuslimischen Rassismus und Hass geliebte Menschen verloren und darauf mit Versöhnung und Zusammenhalt in ihren jeweiligen Gesellschaften geantwortet, sagte Mazyek zur Begründung.

Zudem würde es Dresden gut anstehen, einen Platz - zum Beispiel den vor dem Landgericht - nach Marwa El-Sherbini zu benennen, sagte Mayzek. Die Familie der Ägypterin schaue gerade am zehnten Todestag sehr genau, was in Dresden geschehe und was nicht.

Dem Ehemann und Sohn von Marwa El-Sherbini, die vor zehn Jahren beide Zeugen des Mordes wurden, gehe es den Umständen entsprechend gut, sagte Mazyek. Der jetzt 13-jährige Sohn fange an, das Ereignis zu reflektieren. Mazyek hatte den Ehemann, der bei dem Angriff zudem schwer verletzt wurde, direkt nach dem Ereignis und auch später besucht. Der Wissenschaftler lebe inzwischen in den USA und versuche, Abstand zu Europa zu gewinnen, sagte Mazyek.

Die Preisträgerin Mevlüde Genc verlor bei einem von Rechtsextremen verübten Brandanschlag am 29. Mai 1993 auf ihr Haus in Solingen zwei Enkelinnen und eine Nichte. Farid Ahmad verlor seine 44 Jahre alte Frau Husna durch den rechtsextremen Terroristen, der am 15. März zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch angriff.