Missbrauch: Uniklinikum Saarland weitet Untersuchungszeitraum aus

Missbrauch: Uniklinikum Saarland weitet Untersuchungszeitraum aus
SPD kritisiert damalige Klinkleitung, Linke die Landesregierung

Homburg, Saarbrücken (epd). Mit möglichen Missbrauchsfällen am Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) hat sich nun der Justizausschuss des Landtags befasst. Dabei sei ein grob fahrlässiges Fehlverhalten der damaligen Klinikleitung im Hinblick auf den Umgang mit den Verdachtsfällen zur pädophilen Neigung des Assistenzarztes deutlich geworden, teilte die SPD-Fraktion am Donnerstag in Saarbrücken mit. Derweil wirft der Linken-Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine der Landesregierung vor, den Opferschutz vernachlässigt zu haben.

Das UKS hatte am Montag angekündigt, acht Jahre nach einem ersten Missbrauchsverdacht gegen einen Arzt der Kinderpsychiatrie nun mögliche Opfer und deren Eltern zu informieren. Zwischen 2010 und 2014 soll der Assistenzarzt medizinisch nicht notwendige Untersuchungen im Intimbereich vorgenommen haben. Das Universitätsklinikum erstattete Ende 2014 Strafanzeige und kündigte dem Arzt fristlos. Da der mutmaßliche Täter 2016 starb, mussten die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen eingestellt werden.

Das Universitätsklinikum und die Staatsanwaltschaft hatten damals entschieden, möglicherweise betroffene Patienten nicht über den Verdacht zu informieren. Auch die Staatskanzlei in Saarbrücken als Rechtsaufsicht wurde nicht informiert. Die Staatsanwaltschaft hatte allerdings das Justizministerium benachrichtigt.

"Die Entscheidung, den Assistenzart nach ersten Hinweisen weiterhin Untersuchungen an Kindern durchführen zu lassen, ist nicht nachvollziehbar", sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion, Petra Berg. Es sei erschreckend, dass die Anweisung, Untersuchungen nur noch im Beisein von Dritten durchzuführen, nicht eingehalten worden sei. Zudem seien "eklatante Mängel in der Informationspolitik" der damaligen Leitung des Universitätsklinikums zutage getreten. Lediglich die Informationskette der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Justizministerium habe funktioniert.

Lafontaine kritisierte derweil die Landesregierung und warf ihr vor, den Opferschutz sträflich vernachlässigt zu haben. "Die Landesregierung handelte und handelt verantwortungslos", sagte er. Er bemängelte, dass die damalige Justizstaatssekretärin weder den Justizminister noch die Wissenschaftsministerin informiert habe. Zudem hätte die Staatskanzlei, als sie von den Vorgängen im April erfahren habe, die Familien informieren müssen, sagte er.

Das Universitätsklinikum hatte die Nicht-Information der möglichen Opfer und ihrer Eltern damit begründet, "dass mit einer Information über eventuell nicht medizinisch notwendige Untersuchungshandlungen Patientinnen und Patienten mehr geschadet als genutzt werde, wenn als normal empfundene Untersuchungen nachträglich in einem anderen Licht erscheinen".

Da das UKS mittlerweile weitere Hinweise zu möglichen Missbrauchsfällen des verdächtigten Arztes erhalten habe, umfasse der Untersuchungszeitraum mittlerweile auch den klinischen Teil seines Studiums ab Ende 2005, teilte das Klinikum mit. Zudem habe der ärztliche Direktor Wolfgang Reith mittlerweile eine Taskforce eingesetzt, die die Konzepte des Kinderschutzes am Klinikum evaluieren und optimieren solle, teilte das Universitätsklinikum mit. Dabei werde ein externer Gutachter beauftragt und beteiligt.