Berlin (epd). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat Nachholbedarf im Kampf gegen rechten Terror eingeräumt. "Bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus gibt es sicher noch Verbesserungsbedarf", sagte er am Mittwochabend in einem ARD-"Brennpunkt" angesichts des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. "Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass alles Menschenmögliche getan wurde."
Seehofer verwies auf etwa 24.000 bis 25.000 Rechtsextremisten in Deutschland, von denen die Hälfte gewaltbereit sei. "Und 12.000 gewaltbereite Menschen so zu überwachen, dass alles vermieden wird, ist kaum möglich", erklärte er. "Trotzdem - wir müssen wieder überlegen: Was können wir weiter verbessern, um solche schrecklichen, grausamen Dinge zu verhindern?" Das Wichtigste sei nun, den Mord an Lübcke vollständig aufzuklären und die strafrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Daneben müsse Prävention betrieben werden. Die Distanzierung von Hass, Antisemitismus und Ausländerhass müsse ein breiter gesellschaftlicher Konsens sein, betonte der Innenminister.
In den ARD-"Tagesthemen" sprach Seehofer von einer hohen Gefährdungslage durch Rechtsextremismus und -terrorismus in Deutschland. Zu den bisherigen Gefahren etwa durch islamistischen Terror sei jetzt der Rechtsterrorismus als "große Gefahr" hinzugekommen, sagte er: "Wir müssen diese Entwicklungen sehr, sehr ernst nehmen." Eine hohe Gefährdungsstufe heiße in diesem Zusammenhang, dass man "bei dem Potenzial, was wir hier in Deutschland haben, immer mit einem Anschlag rechnen" müsse. Angesichts dieser Gefahr sei eine bessere Ausstattung der Polizei notwendig.
Der 65-Jährige Lübcke war am 2. Juni spätabends vor seinem Wohnhaus mit einem Kopfschuss getötet worden. Der CDU-Politiker Lübcke war in rechten Kreisen verhasst, weil er eine humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen befürwortete. Am Dienstag legte der in Haft sitzende Verdächtige Stephan E. nach Angaben von Generalbundesanwalt Peter Frank ein Geständnis ab. E. ist laut Verfassungsschutz seit Jahrzehnten in der rechten Szene aktiv.
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