Dortmund (epd). Beim Thema sexueller Missbrauch muss die evangelische Kirche laut der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs "raus aus dem Tabu". Die Kirche habe viel Schuld auf sich geladen, sagte die Bischöfin der Nordkirche am Samstag im Interview auf dem Roten Sofa der Kirchenpresse beim evangelischen Kirchentag in Dortmund. Vielen Menschen sei kein Schutz gewährt worden, sie hätten "das Vertrauen total verloren".
600 Fälle von sexuellem Missbrauch sind laut Fehrs in der Vergangenheit bekanntgeworden. "Dabei gibt es natürlich auch eine Dunkelziffer", räumte sie ein. Daran könne man ablesen, dass Missbrauch durch evangelische Geistliche nicht flächendeckend ein Thema sei. Aber man müsse dennoch auf der institutionellen Ebene ansetzen.
Es müsse eindeutig geklärt werden, was die Risikofaktoren seien, wer für das Beschwerdemanagement in den einzelnen Gemeinden zuständig ist, fügte Fehrs hinzu. Ein Problem der Kirche sei, dass "wir etwas Vereinsstrukturartiges haben". Sie habe das Gefühl, dass es in so einem System selten vorkommt, dass jemand einen Verdacht äußere.
Der 37. Deutsche Evangelische Kirchentag geht an diesem Sonntag in Dortmund zu Ende. Das Treffen steht unter der Losung "Was für ein Vertrauen". Der Kirchentag ist alle zwei Jahre in einer anderen Stadt zu Gast. Für 2021 ist zum dritten Mal ein Ökumenischer Kirchentag geplant, in Frankfurt am Main.