Seit Mittwoch ist das sechseckige Gebäude von einem riesigen Rundum-Werbeplakat des chinesischen Technologiekonzern Huawei verhüllt, wie Gedächtniskirchenpfarrer Martin Germer in einer Erklärung mitteilte. Mit dem Unternehmen hätten bereits seit November 2018 vertragliche Bindungen bestanden.
Mit Blick auf die aktuelle politische Debatte um den chinesischen Technologiekonzern zu möglichen Datenschutzrechtsverstößen begründete Pfarrer Germer die Werbung mit den Worten: "Der vage Charakter der vorgebrachten Verdachtsmomente haben das Kuratorium der Stiftung Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und den Gemeindekirchenrat veranlasst, die geschlossenen Vereinbarungen einzuhalten, zumal für Smartphones und nicht für Netzwerktechnik geworben wird."
Mit den dringend benötigten Einahmen solle der Glockenturm saniert werden. Die Sanierungskosten ließen sich nicht allein mit Stiftungsgeldern und Spenden aufbringen.
Das Banner könne maximal sechs Monate an dem Baudenkmal hängenbleiben. Die denkmalrechtliche Genehmigung liege dafür vor.
"Es ist keine Selbstverständlichkeit für uns, Kirchengebäude als Werbefläche zur Verfügung zu stellen", begründete Germer die Notmassnahme. Nach seinen Angaben werden allein für die Sanierung des Glockenturms rund vier Millionen Euro benötigt. Davon wolle die Wüstenrot-Stiftung eine Million Euro übernehmen.
Über weitere Fördermöglichkeiten werde aktuell verhandelt. Hinzu kämen nun die Werbeeinnahmen. Wenn alles wie geplant laufe, könnten die Sanierungsarbeiten 2020 beginnen. Laut Germer werden für die Sanierung des gesamten Ensembles der Gedächtniskirche in den kommenden Jahren insgesamt rund 30 Millionen Euro benötigt.
Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche stellt Außenflächen bereits zum dritten Mal für Werbung zur Verfügung. Vor rund 20 Jahren machte das Gotteshaus mit einer Kosmetikwerbung mit dem Topmodel Claudia Schiffer Schlagzeilen. 2006 sei die achteckige Fassade des Kirchengebäudes ebenfalls mit Werbeeinnahmen saniert worden.
Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wurde im Krieg zerstört. Ihre Überreste wurden abgerissen, allerdings blieb der Hauptturm stehen und wurde mit seiner abgebrochenen Spitze konserviert. Um ihn herum gruppiert sich seit 1961 ein Gebäudeensemble des Architekten Egon Eiermann. Dazu gehören eine Kapelle und der Glockenturm mit ihren Wänden aus farbigem Glas. Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wird jedes Jahr von 1,3 Millionen Besuchern aus aller Welt besucht.