Die württembergische Landessynode hat die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ermöglicht. Mit 65 von 90 Stimmen verabschiedeten die Synodalen am Samstag in Stuttgart mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit ein Gesetz, das Segnungsgottesdienste für Schwule und Lesben weder vorschreibt noch generell verbietet. Bundesweit einmalig ist, dass das Gesetz auch schon Personen des "dritten Geschlechts" einbezieht.
Kein Mittelweg, nur getrennte Wege
Dem Beschluss zufolge können bis zu einem Viertel der württembergischen evangelischen Kirchengemeinden "gleichgeschlechtlichen Paaren oder Paaren, von denen zumindest eine Person weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht angehört", einen Segnungsgottesdienst nach einer zivilen Eheschließung anbieten. Zugleich hält die Präambel fest, dass es zum Ja oder Nein in dieser Frage "keinen Ausgleich auf einem Mittelweg, sondern nur die Möglichkeit, getrennte Wege zu eröffnen" gebe.
Synodalpräsidentin Inge Schneider zeigte sich erleichtert, dass es der Synode in dem Gesetz gelungen sei, einen Weg in Einheit zu gehen trotz gegensätzlicher und doch gleichermaßen biblisch begründeter Standpunkte. Landesbischof Frank Otfried July würdigte, dass Betroffene begleitet würden in ihrer Lebensentscheidung. Was die Synode geleistet habe, sei ein beispielhaft auch für die Gesellschaft, nämlich um Verständigung zu ringen, Unterschiede klar zu benennen und die Gemeinsamkeit zu betonen.
Der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Christian Heckel, sagte bei der Einbringung des Gesetzes, dieses respektiere das Gewissen. Es öffne zugleich den Weg zu einem geordneten Gottesdienst, der nicht der willkürlichen Gestaltung Einzelner überlassen bleibe.
Der Theologische Ausschuss würdigte, dass der jetzt gewählte Gesetzestext zwei Formen der Bibelauslegung nebeneinander stehen lasse, wie der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl als Ausschussvorsitzender sagte. Gohl hob hervor, dass beide Positionen - die derjenigen, die biblisch begründet Gottesdienste für homosexuelle Paare ablehnen, und derjenigen, die einen solchen Gottesdienst für jedes Paar, das sich unter Gottes Segen stellen wolle, für biblisch geboten halten - schrift- und bekenntnisgemäß seien.
Bislang war für homosexuelle Paare in der württembergischen Landeskirche eine Segnung im privaten Rahmen, aber kein öffentlicher Gottesdienst möglich. Von den 20 Mitgliedskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nimmt nun lediglich noch die Landeskirche Schaumburg-Lippe keine Segnungen vor. Die Evangelische Landeskirche in Baden etwa hat 2016 mit der "Trauung für alle" homosexuelle Paare und heterosexuelle vollständig gleichgestellt. Weltweit lehnen die katholische Kirche, Orthodoxe, die meisten Freikirchen und viele evangelische Kirchen auf anderen Kontinenten die öffentliche Segnung von Schwulen und Lesben ab.
Außer mit der Segnung gleichgeschlechtlicher Eheleute befasste sich das württembergische Kirchenparlament auf seiner Frühjahrstagung, die am Samstag zu Ende ging, unter anderen mit den Themen Finanzen, Europa, Umweltschutz und Kulturarbeit.