Imame, die nicht deutsch sprechen, sind dem Bundesinnenministerium schon lange ein Dorn im Auge. Nun droht das Haus von Minister Horst Seehofer (CSU) mit einer Gesetzesverschärfung. Wie Anfang der Woche bekannt wurde, ist eine Änderung der Einreisevoraussetzungen geplant. Sprachkenntnisse sollen auch für Geistliche zur Bedingung für die Beschäftigung in Deutschland gemacht werden. Begründet werden die Pläne integrationspolitisch, zielen also deutlich auf Imame etwa aus der Türkei. In Deutschland gibt es aber auch christliches Personal aus aller Herren Länder. In katholischen und internationalen Gemeinden betrachtet man die Pläne deswegen auch mit Sorge.
Zum Beispiel beim Ökumenischen Rat Berlin-Brandenburg: Dort kooperieren die vielfältigen christlichen Gemeinden in der Bundeshauptstadt von alt-katholisch über armenisch-apostolisch und finnisch-lutherisch bis zu serbisch- und syrisch-orthodox. Grundsätzlich begrüße der Rat das Anliegen des Ministeriums, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Ditz dem Evangelischen Pressedienst (epd). Den Seelsorgern der aus dem Ausland stammenden Gläubigen komme aber eine wichtige Brückenfunktion zu. Sie vermittelten zwischen den Kulturen und gäben Sicherheit und Geborgenheit. "Das schließt die Ansprache in der Muttersprache ein", sagte Ditz.
Ähnlich äußerte sich auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek. Man brauche kompetente und authentische Imame, sagte er und ergänzte: "Eine durch restriktive Handhabung solcher Regelungen geschaffene Lücke in den Gemeinden würde den falschen Akteuren in die Hände spielen." Auch der Sprecher der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, warnt: "Die Anforderungen an die Sprachkenntnisse von religiös Beschäftigten dürfen nicht dazu führen, dass die Einreise der Betroffenen faktisch unmöglich gemacht wird."
Kopp plädiert dafür, die sprachlichen Voraussetzungen so zu definieren, dass sie im Herkunftsland auch "realistischerweise in einem überschaubaren Zeitraum" erworben werden können. "Die Erfahrung lehrt, dass die Fremdsprache in Deutschland selbst leichter und schneller erlernt werden kann", erklärte er. So argumentierte auch die Linken-Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut. Die Regelungen für den Nachzug von Ehegatten zeigten, dass die Hürde groß sei. Etwa ein Drittel der Eheleute schaffe den geforderten Deutsch-Test nicht.
Wie genau die Einreisevoraussetzungen künftig definiert werden sollen, ließ das Ministerium noch offen. Geplant ist nach Angaben eines Sprechers eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes und der Beschäftigungsverordnung, die für ein Visum von "vorwiegend aus karitativen oder religiösen Gründen" Beschäftigten bislang keine Bedingungen vorsieht.
"Wie das Vorhaben zu beurteilen ist, hängt nicht zuletzt von den rechtlichen Formulierungen ab, die wir noch nicht kennen", sagte eine Sprecherin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sie erklärte, dass in der Regel in anderen Ländern, in die evangelische Pfarrer entsendet werden, auch Sprachkenntnisse gefordert werden. Pauschal lasse sich das nicht für alle Länder sagen. Oft müssten Pfarrer aber eine zweite Sprache - die des Landes oder Englisch - beherrschen.
Vor Restriktionen nach einer möglichen neuen Regel in Deutschland fürchten müssen sich allerdings keine Geistlichen aus der EU, weil sie Freizügigkeit genießen. Quasi doppelt in die Bredouille könnte damit aber die anglikanische Gemeinschaft in Deutschland geraten. "Wir wissen aufgrund des Brexit noch nicht, wie kompliziert es künftig für uns wird, Pastoren zu gewinnen", sagte Pastor Christopher Jage-Bowler von der St. George's Anglican Church in Berlin dem epd: "Wenn die künftig alle noch einen Sprachkurs als Voraussetzung für geistliche Arbeit in Deutschland machen sollen, ist das ein zweites Hindernis."