Demnach bat das Bundesgesundheitsministerium in einem Brief das für die Genehmigung von Ausnahmen zuständige Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn, keine Ausnahmen zuzulassen. Wie die Behörde dem "Tagesspiegel" mitteilte, wurden bereits 93 von insgesamt 123 vorliegenden Anträgen abgelehnt. Einen positiven Bescheid habe es in keinem Fall gegeben. 22 suizidwillige Antragsteller seien in der Wartezeit verstorben. Neue Anträge gebe es nur noch wenige.
Zwar erklärte das Bundesamt dem Bericht zufolge offiziell, es bescheide die Anträge "stets nach sorgfältiger Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der individuellen Umstände." Doch aus internen Unterlagen des Bundesgesundheitsministeriums, die nach Angaben des "Tagesspiegel" nach dem Informationsfreiheitsgesetz an die Zeitung herausgegeben werden mussten, gehe hervor, dass Gesundheitsminister Spahn selbst eine Sperre verfügt habe - ohne, dass es auf nähere Prüfungen ankommen solle.
So heiße es in einem Vermerk aus dem Ministerium vom Juni 2018: "Gemäß der Vorgabe von Herrn Minister" sollten die beim BfArM anhängigen Anträge auf Erteilung einer Erwerbserlaubnis für Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung "im Ergebnis versagt werden." Dazu fertigten die Beamten laut "Tagesspiegel" einen Brief von Staatssekretär Lutz Stroppe an das BfArM, in dem dieser das Anliegen zwar lediglich als Bitte formulieren sollte. Intern ließen die Beamten jedoch keinen Zweifel an der Verbindlichkeit: Der Brief sei als "Erlass gegenüber dem BfArM zu werten" und dies sei auch "so gemeint und gewollt", berichtete der "Tagesspiegel".
Das Bundesverwaltungsgericht hatte im März 2017 letztinstanzlich entschieden, dass Schwerstkranke in einer unerträglichen Leidenssituation vom BfArM ausnahmsweise eine Erlaubnis zum Erwerb tödlich wirkender Betäubungsmittel erhalten können. Das Bundesgesundheitsministerium steht dem Urteil jedoch kritisch gegenüber, weil es nach seiner Ansicht den Staat zur Suizidassistenz verpflichtet.