Gleichzeitig warnte er vor einer gesellschaftlichen Spaltung und Verunsicherung angesichts der wachsenden Schere zwischen Arm und Reich, des Endes der Steinkohle und der Digitalisierung. Jetzt gehe es darum, diese Herausforderungen aktiv anzunehmen und nicht nur Gefahrenszenarien heraufzubeschwören.
Der Ruhrbischof plädierte dafür, sich am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit für demokratische und christliche Werte einzusetzen. "Wir sind die Mehrheit, aber darin sind wir noch nicht gut genug, uns diesem Hass entgegenzustellen", sagte Overbeck. Er rief dazu auf, positive Botschaften zu formulieren und im Internet präsenter zu sein.
Auch der Journalist und Jurist Heribert Prantl sprach auf der Veranstaltung der Essener Bistumsreihe "Dialoge mit dem Bischof" von einer Spaltung der Gesellschaft. Es gebe ein "tiefsitzendes Unbehagen", das sich in ganz Europa im Zulauf der nationalistischen Bewegungen äußere. "Es ist, als hätte die Weltgeschichte den Staubsauger angeschaltet und alle alten Gewissheiten weggesaugt", sagte Prantl, der das Meinungsressort der "Süddeutschen Zeitung" leitet. Als Beispiele nannte er den Handelskrieg von US-Präsident Trump, die Veränderungen der transatlantischen Ordnung und den Brexit.
Vor diesem Hintergrund sei die Europawahl am 26. Mai von zentraler Bedeutung. Prantl bezeichnete Europa als "welthistorisches Friedensprojekt". "Wenn wir dem Nationalismus verfallen, geht uns dieses Europa kaputt." Vor dem Hintergrund seiner nationalsozialistischen Vergangenheit sei Deutschland "in der Situation eines ehemaligen Alkoholikers", sagte der Jurist. Zugleich betonte Prantl, um Menschen für die Demokratie zu gewinnen, brauche es auch eine gute Rentenpolitik, eine Hartz-IV-Reform und gleiche Bildungschancen für alle.