In den Anker-Zentren, in denen bis zu 1.500 Flüchtlinge untergebracht sind, "werden grundlegende Rechte von Geflüchteten beschnitten, das zeigen die Beispiele aus Bayern eindrücklich". Die Politik schaffe Probleme, die dann später in der Öffentlichkeit den Geflüchteten angelastet würden: "Das trägt zu einer weiteren Eskalationsspirale der rechtspopulistischen Agitation bei", sagte der Rechts- und Politikwissenschaftler von der Universität Kassel. Er verwies darauf, dass Kinder in den Zentren mitunter keine Regelschulen besuchen dürften und auch Rechtsberater und ehrenamtliche Helfer massiv in ihrer Arbeit behindert würden.
"Anker" ist die Kurzform für "Ankunft, Entscheidung, kommunale Verteilung bzw. Rückführung". In den Massenunterkünften sollen die zuständigen Behörden unter einem Dach zusammenarbeiten, um so schnellere Asylverfahren und auch unmittelbare Abschiebungen zu ermöglichen.
Große Lager fördern Gewalt
Zu der Tatsache, dass es bislang nur neun Anker-Zentren in drei Bundesländern gibt, sagte der Wissenschaftler: "Die schnelle Einführung des Konzepts hat nicht funktioniert, aber es ist fraglich, ob der grundsätzliche Plan gescheitert ist." Hinter dem Ziel von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), abgelehnte Asylbewerber schneller zurückzuführen, stünden auch viele Landesregierungen.
Die Ankerzentren erleichterten zwar grundsätzlich Abschiebungen, sagte Pichl. "Aber ob Abschiebungen tatsächlich schneller durchgesetzt werden können, hat erst in zweiter Linie etwas mit den Unterkünften zu tun, in denen Geflüchtete untergebracht werden." Denn die Gerichte gewährten Asylbewerbern nicht selten Schutz. Zudem seien Abschiebungen auch oft nicht möglich, weil die Herkunftsländer die Zusammenarbeit beim Ausstellen von Reisedokumenten verweigerten. Große Lager seien immer ein Problem, sagte der Forscher. "Wenn bis zu 1.500 Menschen an einem Ort festgesetzt werden, ohne zu wissen wie es in ihrem Leben weitergeht, oft entmutigt und verängstigt sind, weil sie abgeschoben werden sollen, dann muss man sich nicht über Gewalt wundern."