In dem Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, fordern sie zudem, den Diözesanpriestern die Wahl ihrer Lebensform freiuzstellen - "damit der Zölibat wieder glaubwürdig auf das Himmelreich verweisen kann". Außerdem verlangen sie einen "Neustart mit der Sexualmoral", einschließlich einer verständigen und gerechten Bewertung von Homosexualität.
Der Brief ist von neun Personen unterzeichnet, darunter der Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt, Ansgar Wucherpfennig. Die Bildungskongregation des Vatikans hatte ihm im vergangenen Jahr zeitweilig die Zustimmung zu seiner dritten Amtszeit verweigert, weil er sich positiv zur Frage des Diakonats der Frau und zur Segnung homosexueller Paare geäußert hatte.
Zu den Unterzeichnern des offenen Briefs gehört auch der Jesuitenpater Klaus Mertes, der 2010 als Rektor am Berliner Canisius-Kolleg Missbrauchsfälle öffentlich machte, woraufhin sich in ganz Deutschland weitere Opfer kirchlich gedeckten Missbrauchs meldeten. Er leitet inzwischen das Kolleg Sankt Blasien.
Auch der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz hat den Brief unterschrieben. Er war als entschiedener Kritiker des früheren Limburger Bischofs Tebartz-van Elst hervorgetreten.
Mit Blick auf die für Ende Februar geplante Vatikan-Konferenz über Missbrauch in der katholischen Kirche bitten die Unterzeichner Marx, dort den "wichtigsten Ertrag" der von den deutschen Bischöfen beauftragten Missbrauchsstudie zur Sprache zu bringen: "Missbrauch in unserer Kirche hat auch systemische Gründe." Die Aussicht auf Macht in Männerbünden ziehe Menschen aus Risikogruppen an. Sexuelle Tabus blockierten notwendige Klärungs- und Reifungsprozesse.