Sie hätten am meisten nationalsozialistisch gewählt, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Unterstützer des Nationalsozialismus an den Hochschulen seien überwiegend männlich gewesen und hätten überdurchschnittlich häufig aus auslandsdeutschen Gebieten wie dem Sudetenland oder Südtirol gestammt. Der Historiker untersuchte am Beispiel der Universität Kiel, was Studenten zu Unterstützern der Nazis machte.
Göllnitz sieht Gründe vor allem in fehlenden Berufschancen. Während der Weltwirtschaftskrise habe "so etwas wie ein akademisches Prekariat" existiert. Es wurde mehr Nachwuchs ausgebildet als es freie Stellen gab, vor allem bei den Juristen. "Auf eine freie Stelle kamen bei ihnen rund fünf Anwärter", sagte Göllnitz. Und diese hätten die Konkurrenz ausländischer, jüdischer und weiblicher Studierender gefürchtet. "Es ging also wesentlich um Ängste, den eigenen Lebensstandard nicht sichern oder ausbauen zu können", erläuterte er.
Bei den evangelischen Theologiestudenten seien die Ursachen für deren Neigung zum Nationalsozialismus nicht ganz klar, sagte der Historiker. Ihre Unterstützung für die Nazis habe wohl mit der Propaganda zu tun, die auch vonseiten der Pfarrer und Prediger kam. Katholiken hingegen hätten sich deutlich reservierter verhalten.
In seinen Forschungen erkennt Göllnitz Parallelen zu heute. "Was bei Akademikern immer wieder zu beobachten ist, sind diese Abstiegsängste", sagte er. Die AfD habe als Professorenpartei begonnen, die vor den Gefahren des Euro warnte. Heute seien Muslime und Flüchtlinge allgemein ihre Hauptthemen.
Wenn man sich "Pegida"-Veranstaltungen oder AfD-Mitgliederversammlungen anschaue, stelle man fest, dass es nicht die Perspektivlosen und Abgehängten seien, die da mitmachen, sagte Göllnitz: "Die waren es in den 1920er und 1930er Jahren auch nicht. Es war damals und ist heute die Mittelschicht." Diese Schicht fürchte um das, was sie sich erarbeitet habe und mache dann Gruppen, die sie als potenzielle Gefahr sehe, für einen vermeintlichen, letztlich nur gefühlten ökonomischen Verlust verantwortlich.
Gleichwohl sieht Göllnitz deutliche Unterschiede zu heute, vor allem was das Gewaltniveau und die Entschlossenheit des rechtsextremen Nachwuchses an den Hochschulen betrifft. Die nationalsozialistischen Studenten hätten mit Hetzjagden und körperlichen Angriffen den Staatsorganen zeigen wollen, dass sie nicht zu stoppen seien. Die studentischen Hochschulgruppen der Zwischenkriegszeit hätten sich niemals selbst aufgelöst, nur weil staatliche Organe sie beobachtet hätten, so wie das heute die Junge Alternative in Niedersachsen getan habe, analysierte er.