Rörig: Kirche soll Missbrauchsopfer besser in Aufarbeitung einbinden

Der Missbrauchsbeauftragte des Bundes, Johannes-Wilhelm Rörig rät der Kirche zu mehr Einbeziehung der Mißbrauchsopfer in die Aufarbeitung.
@Michael Hanschke/dpa
Der Missbrauchsbeauftragte des Bundes, Johannes-Wilhelm Rörig, rät der Kirche, sie "solle sich dringend darüber Gedanken machen, wie Betroffene künftig an der Aufarbeitung beteiligt werden und welche Rechte sie dabei haben sollen".
Rörig: Kirche soll Missbrauchsopfer besser in Aufarbeitung einbinden
Der staatliche Missbrauchsbeauftragte Johannes-Wilhelm Rörig will, dass die Kirche Opfer sexualisierter Gewalt künftig besser bei der Aufarbeitung von Missbrauch mitwirken lässt. "Die Kirche sollte sich dringend darüber Gedanken machen, wie Betroffene künftig an der Aufarbeitung beteiligt werden und welche Rechte sie dabei haben sollen", sagte Rörig in einem Interview mit der Verlagsgruppe Bistumspresse. Bisher hätten die Betroffenen selbst die Aufarbeitung angestoßen und seien oft als Bittsteller und Störer gesehen worden.

Bei der Beteiligung gehe es um zahlreiche Aspekte, sagte Rörig, etwa welches Recht auf Akteneinsicht den Betroffenen gewährt werde und ob etwa auch Begleitakten eingesehen werden könnten, die den Umgang der jeweiligen Einrichtung mit dem Täter dokumentieren. Auch die Frage der finanziellen Entschädigung müsse auf den Tisch. Die pauschale Anerkennungszahlung von 5.000 Euro sei nur "ein Tropfen auf den heißen Stein".

Zu dem forderte Rörig, dass Kinderschutz überall in der Kirche oberste Priorität bekommen müsse. Aber nicht nur in der Kirche sei Prävention vor sexualisierter Gewalt ein übergreifendes Ziel. "Prävention muss gelebter Alltag in jeder Einrichtung werden: Schule, Kita, Kirchengemeinde und Sportverein", sagte Rörig.



Der Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs kritisierte zudem, dass bislang nicht genügend Geld für Fortbildungen und Fachberatungsstellen bereitgestellt würde. Nur wer sich mit dem Thema auskenne, könne die Signale, die Kinder in Not aussenden, richtig deuten, sagte Rörig. "Es darf nicht sein, dass Kinder vergeblich anklopfen, wenn sie Hilfe brauchen."

In beiden christlichen Kirchen in Deutschland ist sexualisierte Gewalt ein Thema. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hat im September eine Missbrauchsstudie veröffentlicht, derer zufolge in den Jahren zwischen 1946 und 2017 3.677 Minderjährige Opfer sexuellen Missbrauchs wurde. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zählt bislang 479 Fälle. Die EKD hatte auf ihrer Jahrestagung im November angekündigt, mehrere Studien zur Erforschung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in Auftrag zu geben.