Dönhoff-Preis für Moschee-Gründerin Seyran Ates

Gesellschafterin der Ibn Rushd-Goethe-Moschee Berlin, Seyran Ates.
© epd-bild/Christian Ditsch
Gesellschafterin der Ibn Rushd-Goethe-Moschee Berlin, Seyran Ates.
Dönhoff-Preis für Moschee-Gründerin Seyran Ates
Die Berliner Anwältin Seyran Ates (55), Gründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, ist am Sonntag in Hamburg mit dem Marion-Dönhoff-Preis für internationale Verständigung und Versöhnung ausgezeichnet worden.

Ates stehe beispielhaft für Muslime in Deutschland, die das kulturelle Leben bereicherten, ohne die eigene Herkunft aufzugeben, sagte Alt-Bundespräsident Christian Wulff in seiner Laudatio. Den Förderpreis erhielt die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen". Die Auszeichnungen sind mit jeweils 20.000 Euro dotiert.

Wulff sagte, Ates widersetze sich einem falschen Verständnis von Religionsfreiheit auf Kosten der Frauenrechte. Sie streite dafür, dass Toleranz nicht zur Duldung von Demokratiefeindlichkeit führen dürfe. Ihre liberale Moschee sei ein "Ort der Aufklärung" und stehe für die Vielfalt des Islam. Dafür nutze sie auch die Provokation. Ähnlich provokant wäre es, so der bekennende Katholik Wulff, wenn eine Pfarrerin geehrte werde, weil sie eine katholische Gemeinde gegründet habe.

Menschenrechte, Frauenrechte und Völkerverständigung

Menschenrechte, Frauenrechte und Völkerverständigung seien ihr eine Herzensangelegenheit, sagte Ates. Sie liebe Deutschland als ihre Heimat, weil sie hier sogar einem Bundespräsidenten widersprechen dürfe. Ein Berliner Polizist, dem sie als junge kämpfende Hausbesetzerin gegenübergestanden habe, sei heute ihr Personenschützer. Sie liebe aber auch die Türkei, wo sie zur Terroristin erklärt worden sei, sagte die Tochter eines kurdischen Vaters und einer türkischen Mutter.

Ates erhielt nach Eröffnung der Moschee im Juni 2017 Morddrohungen und lebt unter Polizeischutz. Die Moschee, in der Frauen und Männer gleichberechtigt beten, hat kein eigenes Gebäude, sondern nutzt einen Raum der evangelischen Kirche St. Johannis in Berlin-Moabit.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) kritisierte in ihrer Laudatio auf "Reporter ohne Grenzen", die Pressefreiheit werde derzeit in allen Teilen der Welt weiter eingeschränkt. Auch in Mittel- und Osteuropa habe sich die Lage "dramatisch verschlechtert". "Reporter ohne Grenzen" stehe an der Seite der Bedrohten und leiste damit einen wichtigen Beitrag zur Verteidigung der Grundrechte.



Sie wünsche sich eigentlich, dass ihre Organisation überflüssig werde, sagte Katja Gloger, Vorstand von "Reporter ohne Grenzen". Das Recht auf Pressefreiheit befinde sich derzeit allerdings im "Belagerungszustand". Dabei trage Pressefreiheit dazu bei, mit Vielfalt zu leben und Toleranz zu stärken. Gloger riet allerdings Journalisten auch zur Selbstkritik. Statt auf die eigene journalistische Zuspitzung sollten sie lieber auf Fakten und die Urteilskraft der Menschen vertrauen.

Gestiftet wird der Preis von der "Zeit", der "Zeit"-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und der Marion Dönhoff Stiftung. Zur Jury zählen unter anderem Friedrich Dönhoff, Anne Will und Astrid Frohloff. Marion Gräfin Dönhoff (1909-2002) war "Zeit"-Chefredakteurin und Herausgeberin.