Die Opfer der Pogromnacht seien ohnmächtig und fassungslos dem unmenschlichen System der Nazis ausgeliefert gewesen, sagte der bayerische Landesbischof am Sonntag in der Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau. In der Kirche seien nur wenige mutig genug gewesen, sich der Verfolgung ihrer jüdischen Mitbürger durch die Nazis in den Weg zu stellen.
Als Kirche können "wir nur stellvertretend bereuen, was geschah, und immer wieder versuchen, daraus und aus den unbeantworteten Fragen zu lernen", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Dazu gehöre, dass jeder gegen Ungerechtigkeit und Menschenverachtung eintreten müsse - wenn etwa im Freundeskreis gegen Ausländer, Flüchtlinge und Muslime geschimpft werde, wenn antisemitische Parolen laut würden oder sozial Schwache im Netz verhöhnt würden.
In dem Gottesdienst, an dem auch Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinden teilnahmen, berichtete der 92-jährige Zeitzeuge Walter Joelsen, der als "Halbjude" galt, von seinen Erinnerungen. Bischof Bedford-Strohm erklärte, diese Zeugnisse seien dringend nötig, um wenigstens annähernd begreifen zu können, was damals geschah und zu welchen Taten Menschen fähig seien.
Die Pogromnacht am 9. November 1938 war der Auftakt für massenhaften Mord: Die Nationalsozialisten verschleppten rund 30.000 jüdische Männer in Konzentrationslager, allein 11.000 von ihnen nach Dachau. Der Gedenkgottesdienst erinnerte etwa an den Familienvater Hermann Fuld aus Weiden, der im Block 16 am 15. November 1938 von dem SS-Mann Franz Hofmann erschossen wurde.