Mit Blick auf diese Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts lasse sich sicher sagen, dass Kriege nicht gewonnen werden könnten, sagte der Beauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Es sei denn durch Millionen Opfer und eine Ermüdung einer Partei." Doch das sei friedenspolitisch Unsinn und friedensethisch nicht vertretbar.
"Am Ende muss immer auf dem Weg der Diplomatie eine politische Lösung gefunden werden", betonte Brahms, der auch Leitender Geistlicher der Bremischen Evangelischen Kirche ist. Der Erste Weltkrieg verweise in seiner Entstehung auf das Versagen der politisch Verantwortlichen in Deutschland und ganz Europa im Zusammenhang mit rein auf die jeweilige Nation ausgerichtete Interessen. Dazu hätten auch die Kirchen beigetragen.
Aktuell dränge sich deshalb auf, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen internationalen Verträge und Institutionen zu stärken und nicht etwa zu kündigen. "Auch wenn sie weiterentwickelt werden müssen, haben sie einen hohen friedenssichernden Wert, weil sie ein Regelwerk bieten, auf das sich alle Staaten beziehen können", betonte Brahms. Die Zeit nach Ende des Ersten Weltkrieges lehre auch, dass eine Nachkriegsordnung hergestellt werden müsse, die nicht wieder neue Konflikte vorprogrammiere.
"Es gehört zum Beispiel zu den großen friedensfördernden Maßnahmen nach dem Zweiten Weltkrieg, dass durch den Marshallplan die deutsche Bevölkerung nicht demoralisiert, sondern unterstützt worden ist." Brahms nannte darüber hinaus aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg weitere Versöhnungsprojekte wie in Südafrika und Ruanda als Beispiele für gewaltfreie Strategien, die seiner Einschätzung zufolge dabei geholfen haben, Gesellschaften zu befrieden.
Der vielfach im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg verwendete Begriff der Urkatastrophe sollte Brahms zufolge vorsichtig verwendet werden. Er sei von einer "sehr deutschen oder europäischen Perspektive geprägt". Gesamtgeschichtlich habe es auch andere schreckliche Katastrophen wie die Pest oder den Dreißigjährigen Krieg gegeben. "Noch wichtiger ist mir allerdings die globale Perspektive", bekräftigte Brahms. Er verwies in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die Klimakrise und den weltweiten Hunger, die seiner Auffassung nach entschiedener bekämpft werden müssen.
Keine Situation lasse sich mit der anderen vergleichen, räumte Brahms ein. "Aber wir sollten nicht in der Begriffsklärung der Vergangenheit stehenbleiben, sondern die Gegenwart betrachten und die richtigen Folgen für die Zukunft daraus ziehen."