Mit Blick auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche wies der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zugleich darauf hin, dass die Protestanten in einer grundsätzlich anderen Situation seien.
"Für sexuellen Missbrauch gibt es bei uns nicht dieselben strukturellen Voraussetzungen wie in der katholischen Kirche", betonte Huber. Stichworte seien hierarchische Struktur, Autoritätsverhältnisse, Pflichtzölibat und Sexualmoral. "Das Problem hat auch international im evangelischen Bereich nicht die gleiche Dramatik", sagte der 76-jährige Theologe. Allerdings sei jeder Einzelfall zu beklagen und müsse aufgearbeitet werden. "Darum hat man sich in den evangelischen Landeskirchen, wo immer sie damit konfrontiert waren, nach meinem Wissen auch schnell und umfassend bemüht", lobte der Berliner Altbischof Huber. Selbstkritik und das Leiden an der eigenen Kirche gehörten zum Wesen des Protestantismus, deshalb habe auch die Aufarbeitung aller Arten von Skandal bei den Protestanten Tradition.
Die Deutsche Bischofskonferenz hatte Ende September eine von ihr in Auftrag gegebene Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche vorgelegt. Die Wissenschaftler fanden Hinweise auf Tausende Missbrauchsopfer und beschuldigte Kleriker und bescheinigten der katholischen Kirche "klerikale Machtstrukturen", die bis heute sexuellen Missbrauch begünstigten.
Die EKD will auf ihrer Synode vom 11. bis 14. November in Würzburg über eine kirchenübergreifende Aufarbeitung von Missbrauchsfällen beraten. Die ehemalige Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD), Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, hatte kürzlich eine umfassende Studie über den Umgang der evangelischen Kirche mit Missbrauch gefordert. Ein EKD-Sprecher erklärte dazu, die Aufarbeitung erfolge regional auf Ebene der Landeskirchen.