Entsetzen über antisemitischen Anschlag

Anschlag in Pittsburgh - Gedenken
Foto: Gene J. Puskar/AP/dpa
Eine Gruppe von jungen Frauen wartet mit Kerzen in der Hand an der Kreuzung Murray Avenue/Ecke Forbes auf den Beginn eines Gedenkgottesdienstes für die Opfer der Schießerei in der Tree of Life Synagoge in Pittsburgh.
Entsetzen über antisemitischen Anschlag
Elf Menschen in US-Synagoge erschossen
Ein bewaffneter Mann eröffnet in einer Synagoge in Pittsburgh das Feuer: Elf Menschen sterben, etliche werden verletzt. Alles deutet auf ein antisemitisches Motiv hin. Politiker und Vertreter der christlichen Kirchen äußerten sich erschüttert.

Der offenbar antisemitisch motivierte Anschlag auf eine Synagoge in der US-Stadt Pittsburgh mit elf Toten hat weltweites Entsetzen ausgelöst. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte am Samstagabend via Twitter: "Ich trauere um die Toten von Pittsburgh, die offenbar Opfer von blindem antisemitischen Hass wurden." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief zum entschiedenen Einsatz gegen Judenfeindlichkeit, Gewalt und Ausgrenzung auf. Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres und Vertreter der christlichen Kirchen äußerten sich erschüttert.

Am Samstag hatte ein bewaffneter Mann in der "Tree of Life"-Synagoge in Pittsburgh das Feuer während einer Zeremonie zur Namensgebung eines Babys eröffnet. Elf Menschen wurden durch die Schüsse getötet. Sechs Personen wurden nach Auskunft der Behörden verletzt, darunter vier Polizisten. Der mutmaßliche Täter, Robert Bowers (46), wurde festgenommen. 

US-Medien berichten über antisemitisches Motiv 

Laut der Zeitung "Pittsburgh Post-Gazette" war der Schütze mit einem Sturmgewehr und Handfeuerwaffen ausgerüstet. Das schnelle Eingreifen der Sicherheitskräfte habe vermutlich eine noch schlimmere Tragödie verhindert.  Der lokale Fernsehsender KDKA berichtete unter Berufung auf die Polizei, der Todesschütze habe beim Betreten der Synagoge gerufen: "Alle Juden müssen sterben." Die "New York Times" und andere Medien entdeckten antisemitische Aussagen des mutmaßlichen Täters in den sozialen Medien. Demnach schrieb er kurz vor dem Massaker, dass die jüdische Flüchtlingsorganisation HIAS "Invasoren" in die USA bringe, "die unsere Leute töten". Er könne nicht tatenlos zusehen.

US-Präsident Donald Trump verurteilte das Massaker als "pures Übel". Hätte es jedoch bewaffnetes Wachpersonal in dem jüdischen Gotteshaus gegeben, hätte der Täter gestoppt werden können, sagte der Präsident. Nach Angaben von Justizminister Jeff Sessions wird die Staatsanwaltschaft Anklage wegen eines Hassverbrechens erheben. Dem Täter drohe die Todesstrafe, sagte Sessions.

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Auch der Jüdische Weltkongress reagierte erschüttert auf den Anschlag,  Verbandspräsident Ronald S. Lauder erklärte, der Angriff richte sich nicht nur gegen die jüdische Gemeinschaft, sondern gegen das ganze Land. Nach Angaben des jüdischen Bürgerverbandes "Anti-Defamation League" handelt es sich bei der Bluttat wohl um den tödlichsten Angriff auf die jüdische Gemeinschaft in der Geschichte der Vereinigten Staaten. 

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bezeichnete das Massaker als "abscheuliche antisemitische Tat". Nach den Worten von UN-Generalsekretär Guterres erinnert das Attentat auf schmerzliche Weise daran, dass der Antisemitismus fortbestehe. Überall auf der Welt würden Juden weiterhin lediglich aufgrund ihrer jüdischen Identität angegriffen, sagte er in New York. 

Bundespräsident Steinmeier schrieb an Präsident Trump, er wünsche den Menschen in den USA Kraft, um die Trauer zu bewältigen und den Hass zu überwinden. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, forderte mehr internationale Anstrengungen gegen Judenhass: "Pittsburgh zeigt, dass der Kampf gegen Antisemitismus eine Aufgabe ist, die sich leider in vielen Ländern stellt." Er müsse daher auf internationaler Ebene angegangen werden.

Christliche Kirchen verurteilen Judenhass 

Anteilnahme äußerten auch zahlreiche Kirchenvertreter. "Antisemitismus ist eine Sünde vor Gott und der Menschheit", betonte der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Olav Fykse Tveit. Der römisch-katholische Bischof von Pittsburgh, David Zubik, erklärte ebenfalls, Hass auf Juden und andere Minderheiten sei eine schwere Sünde. Die leitende Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika, Elizabeth Eaton, unterstrich, Antisemitismus stehe im Widerspruch zum Evangelium.

Der Zusammenschluss von Rabbinern in Deutschland wandte sich mit einem Kondolenzschreiben an die von einem Attentat erschütterte Synagogengemeinde in Pittsburgh. Mit Trauer und Sorgte habe man von den vielen Opfern erfahren, heißt es in dem am Sonntag veröffentlichten Brief der Allgemeinen Rabbinerkonferenz des Zentralrats der Juden in Deutschland. "80 Jahre nach den Novemberpogromen 1938 in Nazi-Deutschland, der sogenannten Kristallnacht, müssen wir heute über die Auswirkungen von Vorurteilen, Hassreden und Gewalt nachdenken", schreibt der Vorsitzende Henry G. Brandt darin. 

Der Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, zeigte sich tief erschüttert über den Anschlag: "Ich trauere um die Opfer, ich bete für die Verletzten und all die Menschen, die einen geliebten Menschen verloren haben oder um sein Leben bangen." Dass nur wenige Tage vor dem 80. Jahrestag der Novemberpogrome eine derart hasserfüllte antisemitische Tat passiert sei, schmerze ihn besonders. "Sie ruft uns dazu auf, gegen Hass, Gewalt und Ausgrenzung aufzustehen! Wir stehen an der Seite unserer jüdischen Geschwister. Es gilt: der christliche Glaube schließt jede Form von Judenfeindschaft aus", so Meister.