Weder Homosexualität noch Ehelosigkeit seien Ursache für den sexuellen Missbrauch durch katholische Priester, sagte der Psychiater Harald Dreßing, Koordinator der Studie zum Sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Eine unterdrückte, "verschwurbelte" Sexualität bilde jedoch einen guten Nährboden für sexuelle Gewalt. Es sei auffällig, dass laut Studie fünf Prozent der Priester des Missbrauchs beschuldigt werden, aber nur ein Prozent der Diakone, die verheiratet sein dürfen. Angesichts des Ausmaßes der sexuellen Gewalt könne nicht von "Ausrutschern" gesprochen werden. Es gebe offenbar Strukturen in der katholischen Kirche, die dies förderten.
Nach den Worten von Martin Schmitz, Missbrauchsopfer aus dem Bistum Münster, gehört zu einer konsequenten Aufarbeitung, dass die Täter von der Kirche benannt werden. Es sei quälend für ihn gewesen, dass trotz mehrfacher Anläufe niemand im Bistum sein Anliegen aufgenommen habe. Drei Pfarrer habe er in seiner Gemeinde informiert, doch alle seien jeweils nach zwei Jahren versetzt worden, ohne dass die Bistumsleitung Kontakt mit ihm aufgenommen habe.
Es fehle bis heute ein "wertschätzender Umgang" mit den Missbrauchsopfern, beklagte Sabine Andresen, Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. Sie müssten in die Aufarbeitung aktiv mit einbezogen werden.
Auf dem Gebiet des heutigen Erzbistums Hamburg wurden laut Studie 103 Betroffene und 33 beschuldigte Priester verzeichnet. Besonders betroffen ist den Angaben zufolge die Region Mecklenburg, in der die Hälfte der Missbrauchsfälle registriert wurde.