Die Unabhängige Wahlbeschwerdekommission des Landes äußerte sich besorgt über die mangelnde Aufsicht über den Prozess, technische Fehler und die ungenügende Sicherheit der Wähler. In der Hauptstadt Kabul gab es mehrere Attentate auf Wahllokale, bei denen mindestens drei Menschen getötet und 37 verletzt wurden. In der nordafghanischen Stadt Kundus starben drei Menschen durch Mörsergranaten, rund 50 weitere erlitten Verletzungen. Auch in anderen Provinzen wurden Anschläge und Bombenexplosionen gemeldet. In der Provinz Farah konnten viele Wähler ihren Namen nicht in den Listen finden. In einigen Distrikten in Daikundi gab es nicht genug Stimmzettel.
Gewählt wurde in 32 von 34 Provinzen: Wegen Sicherheitsbedenken fand in der Provinz Ghasni keine Abstimmung statt. In Kanddahar soll erst in einer Woche gewählt werden, nachdem am Donnerstag der Polizeichef der Provinz bei einem Anschlag der Taliban ums Leben kam.
Knapp neun Millionen Wähler sind berechtigt, die Kandidaten für die 249 Sitze des Unterhauses der Volksvertretung in Kabul zu bestimmen. Allerdings gibt es Schätzungen, wonach die Hälfte der registrierten Wähler gar nicht existieren. Mehr als 2.500 Kandidaten bewerben sich. Etwa 70.000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz, um den Urnengang zu schützen.
Kritik wurde an dem vielfach langsamen Wahlprozess in den Wahllokalen laut. Besonders beanstandet wurde das neue biometrische System der Wählererfassung, das in vielen Fällen nicht funktionierte. Die in letzter Minute eingeführten Geräte konnten oft nicht richtig bedient werden. Das System sollte eigentlich dem massivem Wahlbetrug vorbeugen, der die Wahlen 2014, 2010 und 2009 überschattet hatten.
Am Donnerstag war Kandahars mächtiger Polizeichef, General Abdul Raziq, bei einem Anschlag der Taliban ums Leben gekommen. Der Tod des 39-jährigen Kommandeurs, der ein entschiedener Gegner der Taliban war, hinterlässt ein riesiges Machtvakuum im ganzen Süden des Landes. Kurz vor der Parlamentswahl war der Anschlag auf Raziq ein Triumph für die Taliban, die seit Monaten damit gedroht hatten, die Abstimmung zu stören und Wähler, Wahlhelfer, Polizei und andere Sicherheitskräfte umzubringen. Zehn Wahlkandidaten waren in den vergangenen Wochen getötet worden.
Es sind erst die dritten Parlamentswahlen seit dem Sturz des Taliban-Regimes 2001. Bereits frühere Wahlen in Afghanistan waren wegen Stimmbetrug und Wahlmanipulation heftig umstritten gewesen. Der Konflikt zwischen der vom Westen gestützten Regierung in Kabul und den aufständischen Taliban dauert inzwischen mehr als 17 Jahre.