Die Russische Orthodoxe Kirche hatte die Beziehungen zum Patriarchat von Konstantinopel mit Sitz in Istanbul am Montag abgebrochen. Hintergrund sind Bestrebungen in der Ukraine zur kirchlichen Unabhängigkeit von Russland. Diese werden vom Ehrenoberhaupt der Orthodoxen, dem Ökumenischen Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., unterstützt. In dem Konflikt spielen aber auch politische Interessen eine große Rolle.
Ein seit Wochen schwelender Streit
Das Moskauer Patriarchat brach am Montag die eucharistische Gemeinschaft mit dem Patriarchat von Konstantinopel ab. Der Heilige Synod des Moskauer Patriarchats fasste in Minsk unter dem Vorsitz von Patriarch Kyrill I. einen entsprechenden Beschluss. Das Patriarchat von Konstantinopel mit Sitz in Istanbul wollte in dem Konflikt zunächst vermitteln, wird aber von der Russischen Orthodoxen Kirche attackiert. Der Patriarch von Antiochien äußerte sich kurz vor diesem Beschluss mit Blick auf den seit Wochen schwelenden Streit.
Zahl der Gläubigen deutlich über 15 Millionen
Der Streit zwischen den beiden größeren ukrainisch-orthodoxen Kirchen, dem Moskauer Patriarchat und dem Kiewer Patriarchat, dreht sich um die Frage, wer die legitime Kirche des Landes ist. Die Ukraine ist ein stark christlich geprägtes Land. Die rund 43 Millionen Einwohner bekennen sich mehrheitlich zum orthodoxen Glauben. Unter den drei ukrainisch-orthodoxen Kirchen ist allein die des Moskauer Patriarchats weltweit anerkannt. Sie ist mit der Russischen Orthodoxen Kirche verbunden. Die Zahl der Gläubigen wird auf deutlich über 15 Millionen geschätzt.
Die orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats entstand 1992 als Abspaltung vom Moskauer Patriarchat. Zu ihr bekennen sich heute zwischen sieben und zehn Millionen Gläubige, überwiegend im Westen des Landes. Eine kleinere orthodoxe Kirche hatte sich bereits nach dem Ersten Weltkrieg abgespalten. Zu ihr gehören heute landesweit rund 1.200 Gemeinden. Experten zufolge ist für die Menschen in der Ukraine der Kirchenkonflikt im Alltag von geringer Bedeutung. Viele gehen in die Kirche, in die sie schon immer gegangen sind oder in der man den Gottesdienst besonders schön findet.
Das letzte große Konzil der orthodoxen Christenheit endete im Juni 2016 auf Kreta. Allerdings nahmen daran nur zehn der insgesamt 14 orthodoxen Kirchen mit rund 300 Delegierten teil. Das Treffen war mehr als 50 Jahre lang vorbereitet worden und galt zunächst als kirchenhistorische Sensation. Bereits vor zwei Jahren gab es Machtspiele zwischen Moskau und dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel.