Die Griechen seien am Rande der Belastungsfähigkeit, da die meisten ankommenden Menschen einen Asylanspruch hätten und nicht in die Türkei zurückgeschickt würden. Somit steige deren Zahl immer weiter. Müller forderte, dass "in europäischer Solidarität" andere Länder Griechenland jeden Monat ein paar Tausend Flüchtlinge abnehmen müssten. Die Griechen könnten nicht die Probleme Syriens, Afghanistans und Afrikas lösen, betonte er. Das Lager in Moria dürfe nicht europäischer Standard sein. In dem für rund 3.000 Menschen ausgelegten Aufnahmezentrum sind mehr als dreimal so viele Asylbewerber untergebracht. Regelmäßig kommt es zu Ausschreitungen.
Zuvor hatte Müller Italien besucht und dort von der EU auch mehr Hilfen für Flüchtlinge in Libyen gefordert. "Unsere Arbeit darf nicht an der Außengrenze Europas enden", sagte er am Freitag nach dem Besuch einer Flüchtlingsaufnahmeeinrichtung in Kalabrien, in dem junge Männer aus überwiegend afrikanischen Ländern untergebracht sind. Libyen sei aus dem Blick geraten, obwohl dort Zehntausende in Lagern untergebracht seien, in denen unmenschliche Zustände herrschten, und gefoltert würden. Dort sei "Überlebenshilfe" wichtig, beispielsweise über das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. "Wir dürfen nicht einfach die Realität ausblenden", betonte er.
Zuvor hatte Müller mit Flüchtlingen aus Nigeria, Mali und anderen afrikanischen Ländern über ihren Weg von den Heimatländern nach Europa gesprochen. Manche hatten ihre Freunde in der Wüste verloren und nie wiedergesehen. Seit Jahresbeginn kamen rund 20.000 Menschen über das Mittelmeer an der italienischen Küste an. Viele waren im Nachbarland Libyens, Tunesien, auf ein Boot gegangen. In Griechenland, wo Müller am Nachmittag das völlig überfüllte Flüchtlingscamp Moria besuchen wollte, kamen im selben Zeitraum mehr als 23.000 Menschen an.
Müller sagte, Deutschland könne weder Italien, noch Spanien oder Griechenland alleine lassen mit der Bewältigung der Probleme. "Wir brauchen eine gesamteuropäische Lösung." Er betonte: "Nur die Grenzen abzuriegeln und die Seenotrettung abzuschalten, ist nicht die Lösung." Falls die EU-Mitgliedstaaten sich aber nicht einigen könnten, müssten einige Staaten eben vorangehen.