Nach Auffassung des Amtsgerichts verstieß sie damit gegen das Werbeverbot für Abtreibungen nach Paragraf 219a Strafgesetzbuch. Das Urteil löste eine bundesweite Debatte über den Strafrechtsparagrafen aus.
Zwei "Feigenblätter": die Beratungsstellen und der Paragrafen 219a
Hänel und ihr Verteidiger Karlheinz Merkel kündigten nach der Verhandlung an, "heute, spätestens Montag" beim Oberlandesgericht Revision gegen das Urteil des Landgerichts einzulegen. Richter Johannes Nink sagte am Ende seiner Urteilsbegründung, Hänel solle das Urteil tragen wie einen "Ehrentitel" im Kampf für ein besseres Gesetz. Der Gesetzgeber habe sich mit der Beratungsregelung zum Schwangerschaftsabbruch einen "fürchterlichen Kompromiss" erkämpft. Es gebe dabei zwei "Feigenblätter": die Beratungsstellen und den Paragrafen 219a.
In der Berufungsverhandlung hatte die Verteidigung dafür plädiert, das Verfahren auszusetzen und vom Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung einzuholen, ob der Strafrechtsparagraf 219a mit der Verfassung vereinbar ist. Die Frage sei, ob der Paragraf die Grundrechte nicht in einem Maße einschränke, dass man das von der Verfassung her nicht mehr hinnehme könne, sagte Verteidiger Merkel.
Der Staatsanwalt hatte dafür plädiert, die Berufung zu verwerfen. Hänel sagte in ihrem Schlusswort, dass Frauen inzwischen in vielen Landesteilen im Deutschland keinen Arzt mehr fänden, der Schwangerschaftsabbrüche vornehme. Daran sei auch der Paragraf 219a schuld. Für sie sei es eine Gewissensfrage, dass Frauen, die in Not geraten sind, eine medizinisch korrekte Behandlung bekommen. Bereits vor dem Verfahren hatte Hänel angekündigt, notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu gehen.
Ein Gesetz, das die Aufklärungsarbeit von Ärzten einschränkt
Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten am Morgen rund 150 Menschen für einen freien Zugang zu Informationen über Schwangerschaftsabbrüche. Es könne nicht sein, dass es in Deutschland mit dem Paragrafen 219a immer noch ein Gesetz gebe, das die Aufklärungsarbeit von Ärzten einschränke, sagte der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel. Die aktuelle Regelung kriminalisiere "Ärztinnen und Ärzte dafür, dass sie ihre Arbeit tun".
Abtreibungen sind in Deutschland illegal, aber straffrei. Als rechtlich zulässig gelten sie nur, wenn die Gesundheit der Mutter in Gefahr ist sowie nach einer Vergewaltigung. Paragraf 219a verbietet Werbung für Abtreibungen aus finanziellem Eigeninteresse oder "in grob anstößiger Weise". In Hessen stehen derzeit auch die beiden Frauenärztinnen Nora Szasz und Natascha Nicklaus vor Gericht, denen die Staatsanwalt Kassel ebenfalls Werbung für Schwangerschaftsabbrüche vorwirft.