Rund 100 Straßenkinder aus dem gesamten Bundesgebiet hatten sich am Wochenende in Berlin getroffen. Die Kinder und Jugendlichen kamen den Angaben zufolge unter anderem aus Hamburg, Berlin, Dresden, Gera, Bochum, Essen, Dortmund, Krefeld und Potsdam. Die Jugendlichen aus Notschlafstellen wollten diskutieren, was sie selbst zur Verbesserung ihrer Lage beitragen können. Unterstützt wurde die Straßenkinderkonferenz vom Berliner Verein Karuna. Seinen Schätzungen zufolge leben derzeit bundesweit rund 37.000 Jugendliche, darunter etwa 7.000 Minderjährige, auf der Straße.
Da angesichts des angespannten Wohnungsmarkts eine rasche flächendeckende Einführung eines Housing First-Programms schwierig sei, forderten die Konferenzteilnehmer eine Übergangslösung. So solle ein Bundesprogramm für fünf Jahre sogenannte Tiny Houses, also sehr kleine Häuser, für obdachlose Kinder und Jugendliche fördern. Tiny Houses könnten etwa in Kleingartenanlagen oder auf Kirchengeländen errichtet werden, hieß es. Erste positive Beispiele dafür gebe es in Köln und Berlin.
Eine weitere Forderung war die Einführung von Sozialgenossenschaften. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss etwa von Unternehmen, Vereinen, Initiativen und Zivilgesellschaft, die zusammen die Integration von Straßenkindern in den Berufsalltag unterstützen. Insbesondere das Bundesfamilienministerium sollte solche Sozialgenossenschaften fördern und öffentlich bekannter machen, erklärten die Konferenzteilnehmer.
Die vierte Straßenkinderkonferenz wurde unter anderem von Bundesjugend- und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) unterstützt. In einem Grußwort hatte Giffey als Schirmherrin des Treffens die Jugendlichen eingeladen, an einer Reform des Sozialgesetzbuches mitzuwirken. "Mischt Euch ein. Ihr seid ein Teil der Gesellschaft. Verschafft euch Gehör, vernetzt Euch! Wir brauchen Euch!", hatte auch der Präsident der Bundeszentrale für Politische Bildung, Thomas Krüger, die Jugendlichen ermutigt.
In ihrer Eröffnungsrede hatte die 21-jährige Ronja aus Hamburg allerdings die Ignoranz der Gesellschaft beklagt, die Straßenkinder täglich erleiden müssten. "Du sitzt vorm H&M, den Becher vor dir auf dem Boden. Du fühlst dich hilflos und konstant ausgegrenzt. Geh doch arbeiten, sagen viele bis die Security kommt und dich zum Gehen zwingt."
Mark aus Bochum kritisierte, dass seit Jahren zwar über Programme wie Housing First geredet werden, "aber es passiert nichts, einfach nichts. Ich bin 17 Jahre und lebe seit über einem Jahr in Notschlafstellen". Auch die 21-jährige Laura sagte: "Ich habe in den letzten Jahren mit drei Ministerinnen gesprochen, Frau Schwesig, Frau Barley und nun Franziska Giffey und alle wirklich voller Verständnis und empathisch. Aber bewegt hat sich nicht wirklich etwas, sorry."