Erzbischof Koch betonte, niemals dürfe der Körper eines Menschen einer Verfügung durch andere ausgesetzt werden. "Wer kein Organspender sein will, braucht niemandem darüber Rechenschaft abzulegen. Deswegen stehe auch ich dem aktuellen Vorschlag der sogenannten 'Widerspruchslösung' kritisch gegenüber, der von Staats wegen jeden automatisch zum potenziellen Organspender erklärt, der nicht ausdrücklich widersprochen hat", sagte er.
Gesundheitsminister Spahn will erreichen, dass in Deutschland jeder potenzieller Organspender ist, der zu Lebzeiten nicht widerspricht oder dessen Angehörige dies nach dem Tod ablehnen. Zu dieser sogenannten doppelten Widerspruchslösung will er fraktionsübergreifend mit anderen Abgeordneten einen Antrag im Bundestag vorlegen. Bislang gilt, dass nur derjenige als Organspender infrage kommt, der oder dessen Angehörige der Spende aktiv zustimmen.
Erzbischof Koch sagte, er halte die derzeit geltende "Zustimmungslösung" für richtig. Um die Zahl der Organspender zu erhöhen, sollte jeder Erwachsene bei der Ausstellung eines Ausweispapiers mit der Frage konfrontiert werden, ob er Organe zu spenden bereit ist oder nicht oder diese Entscheidung derzeit nicht treffen kann oder will, ergänzte der Theologe.
Der Mediziner Nagel plädierte unterdessen für eine "Erklärungspflicht" jedes Bürgers. "Ich will, dass sich jeder bewusst damit auseinandersetzt", sagte der Direktor des Instituts für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften an der Universität Bayreuth dem Evangelischen Pressedienst (epd). Eine Auseinandersetzung und ein klares Bekenntnis jedes Bürgers zu dieser Frage könne man erwarten und ihm zumuten, sagte Nagel, der bis 2010 das Transplantationszentrum in Augsburg leitete.
"Drei bis vier Patienten sterben jeden Tag in der Bundesrepublik, weil kein Spenderorgan zur Verfügung steht", sagte der Mediziner, der auch dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags angehört. Kritikern, die in einer Widerspruchsregelung einen Einschnitt in die persönliche Freiheit sehen, hielt er entgegen: "Es würde bedeuten, es gäbe eine Freiheit, wegzusehen, das Leiden anderer Menschen auszublenden."
In Deutschland warten rund 10.000 Menschen auf ein
lebensrettendes Spenderorgan. Demgegenüber standen im vergangenen Jahr rund 800 Spender.