Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sieht die AfD vor dem Hintergrund der rechten Ausschreitungen in Chemnitz als Brandstifter und Aufwiegler. Als Beispiel nannte er im Radiosender Bayern 2 am Donnerstag die Fraktionschefin der AfD, Alice Weidel. Sie hatte auf einem Online-Plakat den Spruch verbreitet: "Syrer und Iraker metzeln Opfer mit 25 Stichen nieder. Das Abschlachten geht immer weiter". Das sei die "Begleitmusik" zu Ereignissen wie in Chemnitz, kritisierte Bedford-Strohm.
Begriffe wie "Messermigration", den der AfD-Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier zu den rechtsgerichteten Ausschreitungen in Chemnitz anführte, wertete Bedford-Strohm als Hetzparolen. "Und dagegen muss man sich spätestens jetzt in aller Klarheit wenden", unterstrich er. AfD-Wähler müssten wissen, "dass sie Kräften Legitimität geben, die ganz nach rechts außen positioniert sind, die Nazi-Parolen vertreten". Die AfD sage Dinge, "die glücklicherweise in Deutschland in den letzten Jahrzehnten eben nicht salonfähig waren".
Menschenwürde im Zentrum des gesellschaftlichen Konsens
Für ihn stehe die Menschenwürde im Zentrum des gesellschaftlichen Konsens, sagte Bedford-Strohm. Dieser Grundkonsens dürfe nicht ins Wanken geraten. "Und deswegen ist auch die Wahl wichtig, dafür, dass die Bürger dieses Landes, gerade wenn sie sich als Christen verstehen, hier ein klares Zeichen setzen gegen solche Parolen", betonte er.
Im Umgang mit der AfD müsse man sehr genau unterscheiden, sagte Bedford-Strohm am Mittwochabend in einer Online-Diskussion zur Flüchtlingspolitik. Da gebe es zum einen Menschen, die wählten die AfD aus Protest ohne eine klare Vorstellung von deren Programmatik. Andere hätten vielleicht früher eine andere Partei gewählt, "die ihnen jetzt vielleicht nicht mehr konservativ genug ist". Und dann gebe es "diejenigen, die wirklich richtige rechtsextreme Thesen vertreten".
Das Gespräch suchen
Diese versuchten, den "Grundkonsens des Sagbaren zu verschieben", sagte Bedford-Strohm: "Dem müssen wir in aller Klarheit widersprechen." Aber da, wo man noch wirkliche Dialoge führen könne, müsse man das Gespräch suchen. Allerdings müsse man auch diejenigen aufklären, die aus Motiven, die nicht rechtsextremistisch motiviert sind, die AfD wählen oder sich ihr anschließen. Diese "müssen wissen, dass sie dann mit jenen, die rechtsextremes Gedankengut unter dem Mantel der AfD verbreiten, dass sie denen die Legitimität geben", sagte Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist.
Die AfD rief für Samstag zu einer als "Trauermarsch" deklarierten Demonstration in Chemnitz auf. Das Bündnis "Chemnitz Nazifrei" kündigte auf Facebook parallel eine Protestveranstaltung an. Die evangelische Kirche in Chemnitz will am Sonntag mit einer Kundgebung in der Innenstadt ein Zeichen für Gewaltlosigkeit und Respekt, Dialog und Barmherzigkeit setzen.
Noch für Donnerstagabend lud die St. Petrikirche zu einem Friedensgebet ein. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wollte ebenfalls am Donnerstag Chemnitz besuchen und sich am Abend mit den Kabinettsmitgliedern in einer Gesprächsrunde den Fragen der Bürger stellen. Rechte Gruppen riefen erneut zu Protesten auf.
Am Rande des Chemnitzer Stadtfestes war in der Nacht zum Sonntag ein 35-jähriger Deutscher durch Messerstiche getötet worden. Dies war Auslöser für heftige Demonstrationen von Rechtsgerichteten und Rechtsextremisten. Gegen die beiden mutmaßlichen Täter, einen 22-jährigen Iraker und einen 23-jährigen Syrer, ergingen Haftbefehle.