Nach Gewalt und Protesten erneut Kundgebungen in Chemnitz geplant

 Polizisten und Bürger stehen in Chemnitz nach Abbruch des Stadfestes. Weitere Versammlungen Linker und Recher sind geplant.
Foto: Andreas Seidel/dpa
Polizisten und Bürger stehen nach dem Abbruch des Stadtfestes Chemnitz an der Stelle, wo es in der Nacht zum Sonntag zu einem öfflichen Streit mit Todesfolge kam.
Nach Gewalt und Protesten erneut Kundgebungen in Chemnitz geplant
Nach Gewalt in Chemnitz Haftbefehle beantragt
In Chemnitz wird ein 35-Jähriger getötet. Als Reaktion ziehen 800 mutmaßliche Rechte durch die Stadt, Zeugen berichten von Hetzjagden auf Migranten. Während Politiker zur Besonnenheit aufrufen, kommen ein Syrer und ein Iraker vor den Haftrichter.

Nach der tödlichen Gewalt am Rande des Chemnitzer Stadtfestes am Wochenende hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehle gegen zwei Verdächtige beantragt. Gegen den 23-jährigen Syrer und den 22 Jahre alten Iraker werde wegen des Verdachts auf gemeinschaftlichen Totschlag ermittelt, teilte die Chemnitzer Staatsanwaltschaft am Montag mit.

Am Rande des Chemnitzer Stadtfestes war es in der Nacht zum Sonntag laut Polizei zu einer "Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen unterschiedlicher Nationalitäten" gekommen. Dabei wurde ein 35-Jähriger getötet. Er soll laut Medienberichten Deutscher gewesen sein. Zwei weitere 33 und 38 Jahre alte Männer wurden zum Teil schwer verletzt. Die Polizei nahm die beiden Verdächtigen noch in der Nacht fest, ohne zunächst ihre Nationalitäten zu nennen.

Spekulationen und Falschmeldungen kursieren

In Reaktion auf den Vorfall zogen am Sonntag laut Polizei rund 800 Menschen durch die Innenstadt. Auf im Internet kursierenden Videos ist zu sehen, wie Teilnehmer "Wir sind das Volk" und "Das ist unsere Stadt" skandieren. Ein Video zeigt eine Attacke auf einen ausländisch aussehenden Mann. Laut Polizei gab es Flaschenwürfe auf Beamte. Es seien vier Anzeigen gefertigt worden. Das Stadtfest wurde vier Stunden früher als geplant abgebrochen.

Die Chemnitzer Polizei konnte den Zug nach eigenen Angaben nicht stoppen und forderte Verstärkung aus Leipzig und Dresden an. Für Montagabend hatten mehrere rechts- und linksgerichtete Gruppen weitere Demonstrationen in Chemnitz angekündigt.

Der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) rief die Bevölkerung am Montag zur Besonnenheit auf. Es kursierten Spekulationen, Falschmeldungen und "regelrechte Lügen im Netz", sagte er am Montag im ARD-"Mittagsmagazin" noch vor dem Mitteilung der Chemnitzer Staatsanwaltschaft. "Ich kann uns alle nur bitten, besonnen und ruhig zu bleiben, Ermittlungsergebnisse abzuwarten und dann entsprechende Konsequenzen zu ziehen", sagte Wöller.

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Die Bundesregierung hatte zuvor die Gewaltbereitschaft der Demonstranten scharf verurteilt. "Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder den Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, nehmen wir nicht hin", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. In Deutschland sei kein Platz für Selbstjustiz und für "Gruppen, die auf den Straßen Hass verbreiten wollen, für Intoleranz und für Extremismus".

Sachsens stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) sagte, Selbstjustiz, Mutmaßungen und Gerüchtemacherei seien nach der tödlichen Attacke fehl am Platz. Das Gewaltmonopol liege beim Staat.

Die sächsische Linken-Chefin Antje Feiks bezeichnete die Vorfälle als "Eskalationsspirale, die ihresgleichen sucht". Rechte Hetze habe sich in den Alltag geschlichen und sei zur unwidersprochenen Selbstverständlichkeit geworden, sagte Feiks. Dagegen müssten "die Vielen, die rechte Hetze verabscheuen, die Humanistinnen aufstehen", fügte sie hinzu.

Auch die sächsische AfD-Landesgruppe im Bundestag rief zur Besonnenheit auf. Die Ereignisse machten traurig und fassungslos, sagte der Görlitzer Abgeordnete Tino Chrupalla in Berlin. Der Verfall der inneren Sicherheit schreite immer weiter fort.