"Ich freue mich aber nicht wirklich über die Ausreise", sagte Tolu vor Journalisten. Sie wisse, das sich in dem Land, in dem sie eingesperrt war, nichts verändert hat. Zahlreiche Kollegen, Oppositionelle, Anwälte, aber auch Studenten seien immer noch eingesperrt. Für deren Freilassung wolle sie sich weiter einsetzen. Ein türkisches Gericht hatte die Ausreisesperre für die Reporterin aufgehoben. Der Prozess gegen sie soll aber fortgesetzt werden. Tolu steht in Istanbul wegen des Vorwurfs der Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vor Gericht. Der 33-Jährigen drohen bis zu 20 Jahre Haft.
Die gebürtige Ulmerin Tolu war Ende April 2017 bei einer Razzia in Istanbul festgenommen worden und saß bis Dezember in Untersuchungshaft. Beim zweiten Prozesstermin im Dezember hatte das Gericht zwar Tolus Entlassung aus dem Gefängnis verfügt, aber ein Ausreiseverbot angeordnet. Tolu hat vor ihrer Verhaftung für die linke Nachrichtenagentur Etkin News Agency (Etha) gearbeitet. Mit ihr ist unter anderen ihr Ehemann Suat Corlu angeklagt. Seine Ausreisesperre besteht weiterhin.
Im Februar 2018 hatte ein Istanbuler Gericht die Freilassung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel verfügt. Yücel hatte mehr als ein Jahr ohne Anklage in Untersuchungshaft gesessen. Der Berliner Menschenrechtler Peter Steudtner war im Oktober 2017 nach dreieinhalb Monaten Untersuchungshaft entlassen worden und nach Deutschland zurückgekehrt. Gegen beide gibt es ebenfalls Terrorvorwürfe, die Verfahren dauern an.