"Die Zuwanderung von Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsstaaten, mit unterschiedlicher religiöser und kultureller Prägung, hat zu erheblichen Herausforderungen geführt, die auch das Verhältnis zwischen Religion und Staat betreffen", schrieb Seehofer in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Die Welt" (Donnerstag).
Er werde dazu mit allen in Deutschland relevanten religiösen Gemeinschaften das Gespräch suchen, führte der CSU-Chef aus. Dabei wolle er grundlegende Fragen thematisieren: "Welche Bedeutung messen wir der Religion in unserem Gemeinwesen zu? Und wie gestalten wir das Zusammenleben in einer religiös und weltanschaulich pluraler gewordenen Gesellschaft?"
Nicht in den Echoräumen verharren
Der weltanschaulich neutrale Staat setze den freiheitlichen Rahmen "für eine gerne auch leidenschaftliche, aber eben gewaltfreie Auseinandersetzung um eine angemessene Lösung derartiger Fragen", erklärte der Minister. Hierfür bedürfe es aber "auch auf Seiten der Gesellschaft der Bereitschaft, sich auf diesen Diskurs einzulassen und nicht in den jeweiligen Echoräumen zu verharren".
Seehofer betonte, dass die Religionsfreiheit niemanden von der Achtung der Verfassung entbinde. "Andererseits gilt aber auch, dass Religionsgemeinschaften selbstverständlich aufgrund ihres Öffentlichkeitsanspruchs das Recht haben, sich in ethischen und gesellschaftspolitischen Fragen zu äußern und sich auch entsprechend zu engagieren."
Dies gelte für alle Glaubensgemeinschaften gleichermaßen und "nach den verfassungsrechtlich verankerten Grundsätzen von Neutralität und Parität selbstverständlich nicht nur für die christlichen Kirchen". Der Bundesinnenminister appellierte: "Werden wir uns also unserer kulturellen und religiösen Wurzeln bewusst und vertreten diese mit gesundem Selbstbewusstsein, zugleich aber auch mit Respekt vor den anderen religiösen und weltanschaulichen Auffassungen."