Als der Arbeitskreis Wildbienen-Kataster des Entomologischen Vereins Stuttgart im vergangenen Herbst die Gelbbindige Furchenbiene als "Wildbiene des Jahres 2018" auf den Schild hob, war die Sorge über den Klimawandel ein Hauptmotiv. Vom trocken-heißen Extremsommer 2018 ahnten die Experten da allerdings noch nichts. Die Auswirkungen von Klimaveränderungen, die sich in der Verbreitung der Furchenbiene spiegeln, waren nicht derart greifbar.
Die Gelbbindige Furchenbiene (Halictus scabiosae) gab es nämlich bis in die 1990er Jahre in Deutschland nur im warmen Südteil, vor allem im Dreiländereck am südlichen Oberrhein. Ursprünglich kommt sie im westlichen Mittelmeerraum vor. Inzwischen breitet sich die wuselige, durch ihre ockerfarbenen Leibbinden etwas an Wespen erinnernde Wildbiene immer weiter nach Norden und sogar in den Mittelgebirgen aus.
In Deutschland wird sie schon in fast allen Bundesländern bis auf die nördlichsten gesichtet, berichten die Insekten-Experten. "Die Art gilt als Indikator für das sich kontinuierlich erwärmende Klima, das zunehmend für trocken-warme Lebensräume auch in nördlichen und vormals kühleren Regionen sorgt", erklären die Forscher.
Melde-Aktion bis Ende August
Das Kuratorium "Wildbiene des Jahres" ruft auf seiner Internetseite dazu auf, die Gelbbindige Furchenbiene bis Ende August zu beobachten und ihre Standorte zu melden. Die Melde-Aktion im Sinne einer "Wissenschaft für alle (citizen science)" könnte Klarheit über das aktuelle Vorkommen bringen.
Die "Wildbiene des Jahres 2018" ist auffällig. Die Weibchen seien mit ihren rund 14 Millimetern Körpergröße und den ockergelben Querbinden auf dem Hinterleib kaum zu übersehen, erläutern die Forscher. Die etwa gleich großen Männchen seien schlank und hätten sehr lange, schwarze Antennen. Zu finden sei die Gelbbindige Furchenbiene vor allem an den Blütenständen von Korbblütlern wie Flockenblume und Ferkelkraut, auf Winden, Skabiosen und anderen Karden und auf Disteln.
Bienenleben in einer Frauengemeinschaft
Diese Wildbienenart lebt den Experten zufolge anders als andere Wildbienen, die eher Einzelgänger sind. Halictus scabiosae pflegt eine Art Frauengemeinschaft. Mehrere begattete Weibchen überwintern in einem Erdnest. Das größte Tier wird Königin und legt zunächst als einziges Weibchen Eier, die es auch bewacht. Die übrigen Weibchen sammeln Pollen und Nektar als Vorräte für die Brutzellen. Noch vor dem Schlüpfen ihrer Arbeiterinnen vertreibt die Königin die Hilfsweibchen, die dann eigene Nester gründen, indem sie selbst Gänge in die Erde graben oder die Nester anderer Arten nutzen.
Die Wildbiene des Jahres 2018 ist auf ein vielfältiges Angebot an Nahrungspflanzen angewiesen. Deshalb macht der aktuelle Schwund an Blüten im freien Feld und in besiedelten Gebieten den Insektenexperten Sorge. "Die Erhaltung von blumenreichen Wiesen und Wegrändern wie auch die Neuanlage von Blühflächen aus heimischen Wildpflanzen helfen nicht nur der Gelbbindigen Furchenbiene, sondern kommen allen blütenbesuchenden Insekten zugute", betonen sie daher.
Nester sind keine Gefahr
Zur Nestanlage brauche Halictus scabiosae offene Bodenstellen, "die sie auch in unmittelbarer Nähe des Menschen besiedelt". Der Flugbetrieb an den Niststätten mache Menschen manchmal Angst davor, gestochen zu werden. Die Gefahr bestehe hier jedoch nicht. Die Stuttgarter Bienenexperten haben sogar den Fall eines Kindergartens dokumentiert, in dessen Grünbereich die Bienen unweit der Rutsche ihre Brut aufzogen - ohne Folgen für die Kinder.