In Ghasni liefern sich die aufständischen Taliban und Regierungstruppen seit vier Tagen heftige Kämpfe. Krankenhäuser hätten kaum mehr Medikamente und auch Lebensmittel in der Provinzstadt mit 270.000 Einwohnern würden knapp, sagte Peeperkorn. Er appellierte an alle Konfliktparteien, internationales Recht zu respektieren und das Leben der Zivilbevölkerung zu schützen. Nach Berichten aus dem Krankenhaus von Ghasni sollen bei den Kämpfen bislang mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen sein - darunter zahlreiche Zivilisten.
Wegen gekappter Telefon- und Datenleitungen ist die Lage weiterhin unübersichtlich. Die Taliban sollen so gut wie alle Teile der Stadt unter ihrer Kontrolle haben - lediglich einige Regierungsgebäude sind weiterhin in Regierungshand. Die meisten Einwohner können offenbar wegen der Kämpfe ihre Häusern nicht verlassen. Da wichtige Zufahrtsstraßen nach Ghasni zudem von den Taliban vermint worden sind, um den Nachschub für die Truppen abzuschneiden, ist die Bevölkerung größtenteils in der Stadt eingeschlossen.
Am Freitagmorgen hatten Hunderte islamistische Kämpfer die strategisch wichtige Stadt rund 150 Kilometer südwestlich von Kabul überrannt. Ghasni befindet sich auf der Verbindungsstraße zwischen der Hauptstadt und Kandahar im Süden des Landes. Der ehemalige Chef des Nachrichtendienstes, Assadullah Chalid, hat laut afghanischen Medien kritisiert, dass keine militärische Verstärkung nach Ghasni geschickt worden sei. Der Hauptgrund für den Fall von Ghasni an die Taliban sei die Nachlässigkeit der Sicherheitskräfte, sagte Chalid am Wochenende. Parlamentarier und Regierungsvertreter aus Ghasni würden seit Monaten von den Taliban bedroht, doch die Regierung in Kabul habe dies ignoriert. Dies hat zu Spekulationen geführt, dass die Regierung Ghasni den Taliban überlassen würde.
Der Angriff auf Ghasni ist eine der spektakulärsten Aktionen der Taliban in letzter Zeit. Im Mai gelangten die Islamisten für kurze Zeit die Kontrolle über die Stadt Farah. Im Jahr 2015 und im Jahr 2016 nahmen sie die nordafghanische Stadt Kundus für einige Tage ein.