Nach einer einmonatigen Pause bricht das zivile Seenotrettungsschiff "Aquarius" wieder zu Einsätzen vor der Küste Libyens auf. Das von den Hilfsorganisationen "SOS Mediterranee" und "Ärzte ohne Grenzen" gecharterte Schiff lag den Rettern zufolge zum ersten Mal nach zwei Jahren ununterbrochener Such- und Rettungseinsätze auf See für eine längere Zeitspanne am Hafen von Marseille. Man habe sich "strategisch und technisch dem radikalen Wandel der Bedingungen" anpassen müssen, hieß es.
Im Juni musste das mit Flüchtlingen voll besetzte Schiff rund eine Woche im Mittelmeer ausharren, weil Italien und Malta ihre Häfen für die Retter gesperrt hatten. Am 17. des Monats durfte es schließlich in Valencia anlegen, um die im Meer aufgegriffenen Menschen abzusetzen. Die 35-köpfige "Aquarius"-Crew besteht aus der Mannschaft sowie einem Rettungs- und einem medizinischen Team.
Nach Angaben der Geschäftsführerin von "SOS Mediterranee Deutschland", Verena Papke, sollte das Schiff am Mittwochabend wieder in See stechen. "Zur Rettung von Menschen gibt es keine Alternative", sagte sie am Mittwoch in Berlin. Allein im Juni seien im Mittelmeer 700 Menschen ertrunken, weil zivile Rettungsschiffe davon abgehalten worden seien, Flüchtlinge in internationalen Gewässern vor der libyschen Küste zu retten. Diese humanitäre Tragödie und das Versagen der EU spiele sich "vor unseren Augen ab".
"SOS Mediterranee Deutschland" und "Ärzte ohne Grenzen" kritisierten auch die Übertragung der Koordinierung der Rettungseinsätze von Italien an die libysche Küstenwache. Trotz der Anerkennung durch die Internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO sei für die zivilen Retter die libysche Seenotleitstelle keine kompetente Behörde, sagte Papke. Die Stelle sei nicht 24 Stunden erreichbar und viele dort sprächen kein Englisch.
Die Crew des deutschen Rettungsschiffs "Sea-Watch 3" kann derweil ebenfalls darauf hoffen, bald in See zu stechen: Die niederländische Regierung hat die korrekte Registrierung bestätigt, wie die Organisation "Sea-Watch" mitteilte. Demnach heißt es in einem Bericht der niederländischen Regierung an die Behörden in Malta, dass "alle Voraussetzungen für eine Registrierung als Sportboot im Flaggenregister der Niederlande erfüllt sind". Die Behörden auf Malta hätten ein Auslaufen des Rettungsschiffs bislang mit der Begründung abgelehnt, Erläuterungen aus den Niederlanden zu benötigen.
Das von der Hilfsorganisation zur Seenotrettung von Flüchtlingen betriebene Schiff wird seit dem 2. Juli in Malta festgehalten. Grund sind nach Angaben der Organisation die parallel eingeleiteten Ermittlungen gegen den Kapitän des deutschen Rettungsschiffes "Lifeline", Claus-Peter Reisch, in der maltesischen Hauptstadt Valletta. "Sea-Watch" kritisierte das Vorgehen der dortigen Behörden als "kollektive Bestrafung". "Lifeline"-Kapitän Reisch steht seit dem 2. Juli in Malta vor Gericht. Der 57-Jährige soll das Rettungsschiff fehlerhaft registriert haben. Ihm droht bei einer Verurteilung eine Haftstrafe bis zu einem Jahr.
Die "Lifeline" hatte Anfang Juli erst nach mehreren Tagen die Erlaubnis zum Einlaufen in einen maltesischen Hafen erhalten. Dort wurde sie beschlagnahmt.
Das Rettungsschiff "Iuventa" des deutschen Vereins "Jugend rettet" liegt bereits seit einem Jahr im sizilianischen Hafen Trapani an der Kette. "Während wir nicht auslaufen dürfen, ertrinken Menschen", sagte Jonas Buja von "Jugend rettet" dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Das ist menschenverachtend." Der nautische Offizier und evangelische Kirchenvorsteher aus Ostfriesland hat fünf Missionen der "Iuventa" im Mittelmeer begleitet. Den wechselnden ehrenamtlichen Besatzungen des ehemaligen Fischtrawlers wird vorgeworfen, mit libyschen Schleusern zusammenzuarbeiten.
Die italienischen Behörden beriefen sich auf ein altes Anti-Mafia-Gesetz, mit dem der Waffenschmuggel auf dem Mittelmeer unterbunden werden sollte, erklärte Buja. Darum hätten sie das Schiff am 2. August vergangenen Jahres präventiv beschlagnahmen können - "auch ohne Beweise".