Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) möchte sich mit den Fußballern Mesut Özil und Ilkay Gündogan treffen. "Wir leben in einer offenen Gesellschaft. Für uns ist es egal, woher die Großeltern kommen", erklärte Stamp am Montag in Düsseldorf bei der Vorstellung einer Studie zur Integration von NRW-Bürgern mit türkischem Migrationshintergrund. Er mahnte mehr Sachlichkeit in der Debatte um die beiden Fußballspieler aus dem Ruhrgebiet an.
Die beiden jungen Männer stehen seit einem im Mai veröffentlichten gemeinsamen Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in der Kritik. Der in Gelsenkirchen geborene Özil hatte am Sonntagabend seinen Austritt aus der deutschen Fußballnationalmannschaft mit einer Stellungnahme via Twitter kommentiert und darin Rassismusvorwürfe geäußert.
Stamp kündigte an, er wolle nach der Sommerpause gemeinsam mit den jungen Männern über ihre Diskriminierungserfahrungen sprechen und eine Debatte führen, die jungen Menschen aus Einwandererfamilien die Identifikation mit Deutschland ermöglichen solle. Stamp sagte, Özil habe sich nicht glücklich verhalten, fügte aber hinzu: "Wir müssen in einer offenen Gesellschaft auch Kontroversen aushalten." Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) sagte, Özil gehe zu wenig selbstkritisch mit dem Foto um.
Nach der aktuellen Studie des Essener Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung steigt bei Diskriminierungserfahrungen das Zugehörigkeitsgefühl zur Türkei. Der Leiter des Zentrums, Haci-Halil Uslucan, erklärte, seit 2012 und verstärkt seit dem Referendum im Jahr 2016 beobachte er einen steigenden Trend zur heimatlichen Verbundenheit mit der Türkei. Die meisten Menschen fühlten sich aber sowohl mit Deutschland als auch der Türkei verbunden. Das Zentrum für Türkeistudien befragt seit 1999 Türkeistämmige zum Stand ihrer Integration. Die aktuelle repräsentative Umfrage analysiert die Identifikation und politische Partizipation in Nordrhein-Westfalen und Deutschland.
Als problematisch bewertet der Wissenschaftler, dass jeder zweite Türkeistämmige die türkische Regierung und Migrantenorganisationen als Interessensvertreter wahrnimmt. Von der Bundesregierung hingegen fühlen sich lediglich 37 Prozent vertreten. Minister Stamp sagte: "Das ist für uns nicht hinnehmbar."
Deutsche Institutionen werden der Studie zufolge vor allem vor Ort wahrgenommen, wie etwa Bürgermeister (40 Prozent). Von dem Integrationsminister fühlt sich weniger als jeder dritte Türkeistämmige (28 Prozent) vertreten. Stamp kündigte eine Wertedebatte mit einer gezielten Öffentlichkeitskampagne und Diskussionsveranstaltungen an. Außerdem warb er für eine vereinfachte Einbürgerung und das Ermöglichen der doppelten Staatsangehörigkeit.